Heinz Erhardt
Heinz Erhardt zuvorderst als Komiker in Erinnerung zu rufen, ist gewiss keine Beleidigung für die vielfältigen Künste des 1979 verstorbenen Schauspielers. Nur wenig bekannt sind dagegen Erhardts musikalische Gehversuche, die ihn bereits in den 1930er Jahren als Pianist durch die Republik führen.
Heinz Erhardt wird am 20. Februar 1909 im lettischen Riga als Einzelkind geboren. Seine Kindheit verläuft alles andere als glücklich: Zunächst trennen sich seine Eltern kurz nach der Geburt und er wächst bei den Großeltern in Riga auf. Im Vorschulalter holt ihn seine Mutter nach St. Petersburg, wo sein Heimweh aber bald derartige Ausmaße annimmt, dass er zu den Großeltern zurück kehrt.
Im Alter von zehn Jahren kommt es zu einem erneuten Wohnortwechsel, denn der kleine Erhardt bereist das Land an der Seite seines Vaters, dem Kapellmeister Gustav Erhardt, und schnuppert so im übertragenen Sinne erstmals Bühnenluft. Anschließend bleibt er zunächst in der Obhut von Gustavs zweiter Frau in Hannover, beendet seine Schule mit 15 aber wieder im großelterlichen Riga.
Dem Lernbetrieb nach insgesamt 15 (!) Schulwechseln überdrüssig, zieht es Heinz vor, Gedichte über die Lehrer zu schreiben, anstatt dem Abitursabschluss entgegen zu fiebern. Doch auch in Großvaters Musikalienhandlung sieht Heinz seine Talente nicht ausreichend einsetzbar.
Dennoch absolviert er seinem Vormund zuliebe in Leipzig eine zweijährige Lehre als Musikalienhändler, studiert nebenbei aber mit weit mehr Enthusiasmus am Konservatorium Klavier und Komposition. Mit Auftritten an so genannten "Bunten Abenden" verdient sich der 20-Jährige erste Meriten als musizierender Stegreifkomiker.
1932 steht Erhardt am Deutschen Schauspiel in Riga auf der Bühne, sein bislang größter Auftritt als Darsteller. Für das Lustspiel komponiert er auch die Musik. Dennoch muss er aus finanziellen Gründen weiter im ungeliebten Job als Musikalienhändler arbeiten.
1934 trifft der "harmlose Langweiler mit Hemmungen" (Erhardt über Erhardt) Gilda Zanetti, die Liebe seines Lebens, die er ein Jahr später heiratet. Aus der Verbindung gehen vier Kinder hervor. Seine Frau ist es auch, die das hadernde Talent überzeugt, die zähe Arbeit im Laden an den Nagel zu hängen und sich einen Namen in der Theaterwelt der pulsierenden Metropole Berlin zu machen.
1938 zieht das Paar in die Reichshauptstadt, Tochter Grit wächst wie ihre bis 1944 geborenen drei Geschwister bei Gildas Eltern in Riga auf und Heinz Erhardt feiert im Oktober desselben Jahres im "Kabarett der Komiker" seinen Durchbruch.
Während Deutschland ab 1939 zielgerichtet ins Verderben stürzt, feiert Erhardt als Pianist und Entertainer Erfolge. Bereits in dieser Zeit enstehen spätere Highlights wie "Agamemnon", "Mein Mädchen" und "Fräulein Mabel" (später erhältlich auf dem Album "Blödelnd Durch Den Ernst Der Zeit"). Ab 1941 unterhält der Nichtschwimmer als Truppenbetreuer eines Marineorchesters die Frontsoldaten am Klavier. 1945 kehrt er nach sechs Monaten Kriegsgefangenschaft zu seiner Familie zurück.
Seinem deutschlandweiten Durchbruch als mittlerweile gewichtiger Kinoschauspieler in "Der Müde Theodor" im Jahr 1957 gehen unermüdliche Gastspiele auf Kammerbühnen und in Theatersälen voraus. Filme wie "Witwer mit fünf Töchtern" oder die "Willi"-Reihe machen ihn schließlich zum beliebtesten Darsteller im Wirtschaftswunder-Deutschland.
Filmsongs wie "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett" und "Grüß Sie Gott, Frau Stirnima!" kennt in den 60ern jedes Kind. Mit seinen hintersinnigen Gedichten zementiert Erhardt außerdem seinen Ruf als avancierter Wortspieler ("Noch'n Gedicht").
Im Dezember 1971 setzt ein Schlaganfall Heinz Erhardts Karriere ein abruptes Ende. Der Schauspieler ist halbseitig gelähmt, was die grausame Folge hat, dass er zwar noch jedes Wort verstehen, selbst aber nicht mehr sprechen kann. Trotzdem arbeitet er 1979 mit seinem Sohn Gero noch an einer Fernsehfassung seiner in den 30ern komponierten Komischen Oper. Kurz vor seinem Tod am 5. Juni 1979 in Hamburg wird Erhardt aus Anlass seines 70. Geburtstags das Große Bundesverdienstkreuz verliehen.
© Laut
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