Battles
Die Zukunft ist eine Schlacht. Warp-getriebene Polyrhythmen zanken mit flirrenden Staccatissimo-Gitarren. Grotesk entstellte Vocal-Samples wuchten sich gegen galoppierende Keyboard-Stümmel. Für die menschliche Komponente bleibt zwischen ent- und rekontexualisierten Klanggebern wenig Platz. In einer Dekonstruktion klassisch rockiger Klangzuweisungen verfangen sich die anfänglichen Opponenten. Im Nahkampf verflechten sich die Instrumente und kumulieren in einem anfangs vielleicht bizarr anmutenden, komplexen Zellhaufen. Jeder gegen jeden und alle zugleich - in NYC, USA entsteht aus so was eben Wir-Gefühl.
2003 ertönt zum ersten Mal der Battles-Schlachtruf. Ian Williams (Ex-Don Caballero, Gitarre, Keyboard) und Dave Konopka (Ex-Lynx, Gitarre, Bass) laufen sich eher zufällig in den Straßenschluchten des Big Apples über den Weg. Schon wenig später werden sie gefragt, ob sie Lust auf ein Konzert hätten. Natürlich sagen die beiden zu. John Stanier (Ex-Helmet- und Tomahawk-Drummer) und Tyondai Braxton (Keys, Stimme) sind zu der Zeit zwar beschäftigt, John platzt allerdings schon kurz darauf in den Proberaum. "Irgendwann kam der Punkt, an dem wir dann dachten: "Wir sollten diesen Prozess dokumentieren."
Im perfekten Musikvideo sähe der Battles-Kosmos in etwa folgendermaßen aus: Gelangweilt von ihren ehemaligen Bandkollektiven steigen vier Experimentierfreunde in ihre Weltraumanzüge. An unsichtbare Glasfasern gefesselt schauen sie Cyborgs gleich von der Meta-Ebene aus herab auf die Schatten ihrer Vergangenheit: Hardcore-Roots, Techno-Dancefloor-Geschichte und Math Rock-Vorzeit. Es wird fleißig der Retrospektive gefrönt und anschließend am dazugehörigen Zerrspiegel ("Mirrored") gebastelt.
Zwischen deterministischem Chaos und halsbrecherischer Pop-Avantgarde jagen, stolpern, vor allem treiben Battles ihre Tracks gegen und durch Genrewände. Zuschreibungen von außen und "klingen wie"-Vergleiche sind ihnen schließlich äußerst zuwider. Überhaupt, Konventionen: Ihre "B EP" und die "EP C" versuchen die New Yorker gleichzeitig jeweils an Ost- bzw. Westküste zu veröffentlichen - auf jeweils verschiedenen Labels. Leider geht der Plan nicht auf. Es folgt ein Vertrag mit den für elektronische Veröffentlichungen bekannten Warp Records und ausgiebige Tourneen, unter anderem im Vorprogramm von The Mars Volta.
2010 gehen Battles und Tyondai Braxton im Guten getrennte Wege, weil Braxton sich verstärkt um sein Soloprojekt kümmert. Der Zweitling "Gloss Drop" erblickt 2011 das Licht der Welt - gefolgt von einer Tour sowie ein Jahr später einer geremixten Ausgabe ("Dross Glop"), für die Gui Boratto, Kode9, Gang Gang Dance, The Alchemist oder Hudson Mohawke die Battles-Songs durch den Wolf drehen.
2015 erscheint wieder - noch immer via Warp - Album Nummer drei, "La Di Da Di". Dissonanzen, Tempiwechsel usw. - oder schlichtweg: R'n'R-Reizüberflutung. All das, was das Trio ausmacht, führen die Battles darauf fort - inklusive einigen Gigs in Deutschland.
Auf der Bühne zeigt man dem Sampler die kalte Schulter: Es gibt keine vorher aufgenommenen Sounds, jeder Ton kommt live in der Clubwelt an. Und muss sich gleich wieder gegen die Sounds der Liveinstrumente behaupten. "Unser Publikum ist sehr unterschiedlich, wir haben Hip Hopper, Electronic-Fans, Rock'n'Roller, durch John kommen viele Heavy-Rock-Hörer hinzu, dann spielt er ja auch oft einen Funk-beeinflussten Stil", beschreibt Ian die Battles. "Wir sehen unsere Songs als flüssige, sich ständig bewegende Gebilde. Der Moment des Musikmachens, das ist unsere Identität."
© Laut
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