Adem
Adem Ilhan ist auf einem Ohr taub. An sich nichts Ungewöhnliches, aber doch eine heikle Sache, wenn man sein Leben damit zubringt, Gitarre zu spielen oder Glockenspiele erklingen zu lassen, und das eigene Zuhause unendlich viele defekte Instrumente beherbergt. Trennen kann sich der türkisch-englische Singer/Songwriter von keinem.
"Ich bin glücklich. Ich kann mit jederzeit ein Instrument greifen und ihm einen Ton entlocken", sagt er. "Bedauerlich ist nur, dass ich nicht in Stereo hören kann." Angesichts seiner melancholischen Melodien muss man ihm jedoch attestieren, dass die Hörfähigkeit des gesunden Ohres exzellent ist.
Bei der Kategorisierung seiner Musik greift man gerne auf den Begriff Neo-oder Freakfolk zurück, dem Künstler wie Devendra Banhart, Joanna Newsom oder Sufjan Stevens assoziiert werden. Beim Mischen seiner fragilen, meist mit der Akustikgitarre vorgetragenen Songs fehlt ihm natürlich die Genauigkeit. "Aber ich bin umgeben von unglaublich begabten Ohren", bemerkt er dazu.
Eines dieser Ohrenpaare gehört Four Tet-Macher Kieran Hebden, seinem Bandkollegen in der Postrockkombo Fridge, der auch Sam Jeffers angehört. Gemeinsam besuchen die drei die Elliott School in Putney im Südwesten Londons. Neben dem Lernen für das Leben widmen sie sich leidenschaftlich der Musik und gründen das Instrumental-Ensemble Fridge, die zwischen 1997 und 2007 fünf Alben veröffentlichen. Adem übernimmt vorwiegend den Part des Bassisten, greift aber auch gerne zu anderen Instrumenten.
Von seinem Vater, einem türkischen Pianisten und Musiklehrer - der ihn früh das Pianospiel gelehrt hat - hat er die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei allem, was Geräusche macht, um ein Instrument handelt, sei es ein Weinglas oder Vogelgezwitscher. Diese sensible Anschauung spiegelt sich in den Soloambitionen dieses Mannes wider. Den Künstler, den man als Adem kennt, hat im zarten Alter von dreizehn seinen ersten Auftritt.
Auf die ernsthafte Solokarriere konzentriert er sich aber erst, als Hebden 2004 erfolgreich sein Folktronic-Projekt Four Tet ins Leben ruft. 26-jährig veröffentlicht Adem im gleichen Jahr sein "Homesongs" betiteltes Solodebüt, ein melancholisches Werk, das ihm begeisterte Kritikerstimmen beschert.
Aufgrund der Intimität seiner Songs tritt er 2004 auf dem von ihm initiierten Homefire Festival in London auf, das folkorientierten Bands wie Beth Orton José González, Joanna Newsom oder Bat For Lashes eine Bühne bietet. Immer wieder ist in diesem Kontext von der Zuschreibung Nu-Folk die Rede, der Adem skeptisch gegenüber steht.
"Nu-Folk ist ein so seltsamer, weiter Begriff, ich glaube nicht, das er meine Musik trifft. Dass etwas erst als Folk bezeichnet wird, wenn es von Tausenden von Mündern bestätigt wurde ... Ich habe keine Zeit für solch einen exklusiven Purismus." Festlegen lassen will er sich nicht. Der Single "Ringing In My Ear" und der EP "These Are Your Friends" folgt 2006 das zweite Album "Love And Other Planets", auf dem Adem seine akustische Vielfalt um dezente Electronica und Dance Beats erweitert.
2005 spielt er außerdem Jeff Buckleys "Mojo Pin" für den Tribut-Sampler "Dream Brother: The Songs Of Tim And Jeff Buckley" ein, auf dem Album "Apron Strings" (2006) der englischen Folk-Kombo The Memory Band agiert er als Bassist und Sänger und ist beteiligt an Vashti Bunyans 2006er-Album "Lookaftering". Auf seiner Myspace-Seite ist außerdem von der Mitgliedschaft in dem Massen-Improvisations-Ensemble Assembly die Rede.
Im Mai 2006 steht schließlich sein drittes Solowerk "Takes" in den Läden, das ausschließlich Cover-Versionen seiner Lieblingsbands aus den Jahren 1991 bis 2001 beinhaltet und mit wieder zur Stille neigenden Kompositionen von PJ Harvey, dEUS den Smashing Pumpkins oder Björk aufwartet.
© Laut
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