Charles Gounod : Symphonies 1-3

Albumbeschreibung

Charles Gounods Mitte der 1850er-Jahre komponierte Sinfonien D-Dur und Es-Dur sind bezaubernde Werke, gesegnet mit wunderbaren Ideen, handwerklich bestechend. Ihre Entstehungszeit spiegeln sie freilich nicht wider: Man hört die Haydn-Verehrung des Komponisten, Anklänge an Beethoven, vielleicht einmal eine Ahnung von Mendelssohn. Es ist, als stünde der Franzose in der direkten Tradition der Wiener Klassik, als hätte es Berlioz’ „Symphonie fantastique“ nie gegeben. Gegen Ende seines Lebens skizzierte Gounod eine dritte, diesmal deutlicher „romantische“ Sinfonie. Ihr fragmentarisch erhaltener erster sowie der vollständige zweite Satz werden von Oleg Caetani hier in Ersteinspielung vorgelegt. Das ein wenig sentimentale Andante beschwört die Welt der Oper, erreicht aber nicht die Qualität des langsamen Satzes der zweiten Sinfonie. Dramatischer geht’s zu im Kopfsatz, der leider zu Beginn der Durchführung abbricht. Vor allem die stimmungsvolle, erhabene Andante-Einleitung lässt aufhorchen. Schade, dass Gounod das Werk nicht zu Ende brachte. Caetani modelliert in den beiden Frühwerken lichtdurchflutete Klanglandschaften. Gut durchhörbar, rhythmisch agil, mit distinkter Linie werden die beiden Sinfonien vom schweizerischen Orchester präsentiert. Selbst im Fragment der Dritten bleibt Caetani seinem klassizistischen Ansatz treu. Dass man auch anders kann, hat Caetanis Vater, Igor Markevitch, mit seiner Einspielung der Zweiten (1957) bewiesen: Viel breiter, inhaltsschwerer deutet er das Larghetto, und das Scherzo vermag geradezu aufzurütteln mit seiner hier bedrohlich aufgefassten Unisono-Figur zu Beginn. Solche Zuspitzungen sucht man bei seinem Sohn vergeblich.
© Friesenhagen, Andreas / www.fonoforum.de