Foreigner
Wer in seinem Leben noch nie über einen Foreigner-Song gestolpert ist, hat wahrscheinlich die meiste Zeit in einer Tonne oder in der Sahara gelebt. "Jukebox Hero", "Cold As Ice", "I Wanna Know What Love Is" sind nur drei Beispiele für Welthits, die die Band in ihrer Geschichte abgeliefert hat. Zu ihrer Hochzeit in den Achtzigern füllen Foreigner jedes Stadion, sei es auch noch so groß.
Es ist 1976 - sogar noch ein Jahr vor Einführung des Spiel 77 beim deutschen Lotto - als die gebürtigen Englishmen in New York Mick Jones (Gitarre), Ian McDonald (Keyboard, Gitarre, Saxophon) und Dennis Elliott (Schlagzeug) die Band zusammen mit den gebürtigen US-Amerikanern Al Greenwood (Keyboard), Ed Gagliardi (Bass) und Lou Grammatico aka Lou Gramm (Gesang) aus der Taufe heben.
Mick Jones, der kreative Kopf der Band, sammelt schon vorher einige Jahre musikalische Erfahrungen. So spielt er zum Beispiel für George Harrison, Peter Frampton und Spooky Tooth. Nimmt man dann noch hinzu, dass Ian McDonald ein Gründungsmitglied von King Crimson ist, wird klar, dass hier der eine oder andere musikalische Hochkaräter bei der Arbeit ist.
Die Urbesetzung von Foreigner legt gleich zu Beginn ihrer Karriere zwei Alben vor ("Foreigner" und "Double Vision"), die in den Staaten mal eben über 13 Millionen Einheiten verkaufen. Mit einem Wumms spielen sie somit in der ersten Liga des amerikanischen Mainstream-Rocks eine der führenden Geigen. Der Sound der Band ist zwar nicht sonderlich revolutionär, aber sie packen ihr handwerkliches Können geschickt in gute Songs.
"Head Games" ist dann schon nicht mehr der große Bringer. Greenwood und McDonald steigen nach "Double Vision" aus, Bassist Gagliardi wird bereits nach dem Debüt durch den Ex-Peter Frampton-Bassisten Rick Wills ersetzt. Für den nächsten Streich "4" holt sich die Band Robert John 'Mutt' Lange als Produzenten an Bord. Jener dreht schon 1979 beim Meilenstein "Highway To Hell" von AC/DC die Knöpchen und bastelt in den Achtzigern und Neunzigern so bekannten Acts wie Def Leppard und Bryan Adams einen fetten Sound.
In Deutschland bedeutet dieses vierte Album den endültigen Durchbruch. Mit den erfolgreichen Singles "Urgent" und "Juke Box Hero" etablieren sie sich als Stammgäste in den deutschen Bestenlisten. Die Ballade "Waiting For A Girl Like You" zeigt den Vierer etwas sanfter und sorgt auf Konzerten für Feuerzeug-Beleuchtung.
Der Nachfolger zu diesem immensen Megaseller erscheint nach dreijähriger Pause mit "Agent Provocateur". Die erste Auskopplung "I Wanna Know What Love Is" gerät sofort zum Chartbreaker. Der von Gramm gefühlvoll intonierte Song lässt keine songschreiberische Schwächen erkennen, langjährige Fans sind ob des Gospel-artigen Chors etwas irritiert. Sind das noch die Foreigner, die sie kennen?
Mit dem Video zur Single gelingt aber der Sprung ins MTV-Zeitalter. Der Track avanciert zu einem der größten Hits des Jahres 1984. Dies täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass sich die Band nach dem Übererfolg von "4" in verkaufstechnischer Sicht mehr erhofft hat. "Agent Provocateur" bleibt trotz einer riesigen, neunmonatigen Tour hinter den Erwartungen zurück.
1987 folgt "Inside Information". Es scheint, als ob der Band um Jones und Gramm nichts mehr einfallen mag. Die Scheibe klingt wie eine aufgemotzte Version einr Ansammlung alter Foreigner-Lieder. Zwar streicht auch diese Platte Platin ein, aber Auflösungserscheinungen sind immer offensichtlicher.
Im selben Jahr veröffentlicht Lou sein Solodebüt, Jones kontert 1989, 1990 verlässt Gramm die Band. Ersetzt wird er durch Johnny Edwards, der zwar ein guter Sänger ist, der dem Abgewanderten jedoch in punkto Charisma und Songwriting nicht das Wasser reichen kann. Dementsprechend floppt "Unusual Heat" ganz gehörig.
Nicht viel besser ergeht es dem abtrünnigen Gramm, der mittlerweile bei Shadowking singt, dort aber keine Geniestreiche landet. Im Angesicht dieser Misere finden die Streithähne wieder zueinander. "Mr. Moonlight" heißt die Comeback-Platte von 1994, die Jones und Gramm mit einer neuen Band einspielen. Es scheint, als ob der Mainstream-Saurier so langsam aber sicher wieder in die Spur zurück findet.
Zumindest vom Songwriting her, denn das Album schneidet noch schlechter ab als der floppende Vorgänger. Zwar weisen sie mit "Until The End Of Time" eine semi-erfolgreiche Single vor, aber das Album trägt schwer am herrschenden Zeitgeist. Grunge und Co. sind im Aufwind, und so teilen Foreigner das Schicksal zahlreicher anderer Rock-Größen, die mit schwindenen Verkaufszahlen und sinkender Beachtung zu kämpfen haben.
Nachdem Warner 2001 "4" als eine der ersten Scheiben auswählt, die auf DVD-Audio erscheinen, kommt so etwas wie eine historische Rückbesinnung auf die Band in Gang. "Foreigner", "Double Vision", "Head Games" und "4" erscheinen remastert und mit neuem Booklet; diverse Best Of-Compilations entern die Charts.
2003 steigt Gramm erneut aus und gründet die Lou Gramm Band. Nach zwei ereignislosen Jahren besetzt der Ex-Hurricane-Shouter Kelly Hansen den vakanten Posten am Mikro. Desweiteren kommen mit Jason Bonham (Schlagzeug) und Bassist Jeff Pilson (Ex-Dokken) neue Bandmitglieder hinzu, womit Jones das einzig verbliebene Urmitglied ist.
2007 sind Foreigner ursprünglich als Opening Act für das Led Zeppelin Reunion-Konzert in London vorgesehen. Allerdings fliegen sie dort wieder aus dem Billing. Stattdessen spielt Jason anstatt seines verstorbenen Vaters John beim Hauptact, und Mick Jones gesellt sich zu Bill Wyman's Rhythm Kings auf die Bühne. Foreigner gehen dafür 2008 auf eine größere Tour, außerdem erscheint mit "No End In Sight" eine weitere Best Of.
Mit einem anlässlich dieser Veröffentlichung absolvierten Auftritt in der ZDF-Show "Wetten, dass ..?" rufen sich Foreigner ins Gedächtnis der alten Fans zurück. Musikalisch sind ihre Sounds klar dem Mainstream verhaftet, bieten jedoch stets einen Mix aus kräftigem Rock mit leichtem Pop-Anstrich. 2010 folgt mit "Can't Slow Down" das erste echte Studio-Album nach über einem Jahrzehnt.
Danach erscheinen mit "Acoustique" (2011) oder der Balladen-Sammlung "I Want To Know What Love Is - The Ballads" (2014) nur noch Neuinterpretationen früherer Werke.
© Laut
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