Ullmann: The Complete Piano Music

Christophe Sirodeau

Erschienen am 05.08.14 bei BIS
Künstler: Christophe Sirodeau
Genre: Klassik

Digitales Booklet

Verfügbar in

16-Bit/44.1 kHz Stereo

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Viktor Ullmann, der im September 1942 nach Theresienstadt deportiert und wahrscheinlich am 18. Oktober 1944 in Auschwitz vergast wurde, studierte u.a. auch bei Schönberg in Wien. Und vor allem von Schönberg erweist sich seine
hier außerordentlich kompetent vollständig eingespielte Klaviermusik beeinflusst. Mit seinen Variationen und Doppelfuge über ein Thema von Schönberg – als Thema dient freilich ein vollständiges Stück: die Nr. 4 aus Schönbergs Klavierstücken op. 19 – hat Ullmann sich auch ausdrücklich zu Schönberg bekannt. Tatsächlich besitzen Ullmanns sieben Klaviersonaten ein kompositorisches Niveau, das sich unmittelbar mit demjenigen der Klaviersonaten von Berg oder vor allem Eisler vergleichen lässt.
Der Schönberg-Einfluss macht sich besonders in der formalen Disposition dieser Musik bemerkbar: Ullmann leitet formale Vorgänge weniger aus prägnanten, unmittelbar überschaubaren Themen ab, als vielmehr grundsätzlicher aus unterschiedlichen Konfigurationen des musikalischen Materials, denen er eine gestische Prägnanz gibt. Die sehr subtile Interpretationskunst von Christophe Sirodeau lässt sich entsprechend als ein differenziertes, klangvolles Ausspielen solcher Konfigurationen beschreiben. Das gibt den Sonaten nicht nur Individualität, sondern auch eine angriffige Lebendigkeit, die der prägnanten Musikfülle gleichwohl in jedem Moment Gliederung verleiht. Hinzu kommt noch eine Stilsicherheit, die es Sirodeau wie selbstverständlich ermöglicht, Mozart-Zitate oder mährische Volksmusik
dem bis zur Atonalität strapazierten tonalen Kontext geradezu intim anzuverwandeln. Im Kopfsatz der fünften Sonate macht Sirodeau noch ein Moment von jugendlich-naiver Freude am Musikmachen spürbar – Ullmann erinnerte sich mit dieser Musik denn auch an seine Jugend. Und die unmittelbar vor seiner Ermordung konzipierte, im Kopfsatz eher heiter-gelassene siebte Sonate lässt die grauenhaften Umstände ihrer Entstehung noch nicht einmal erahnen. Mit seinen beeindruckenden Einspielungen zeigt Sirodeau, dass Ullmann mit dieser Musik weniger sich selbst ausdrückt, als dass er im musikalischen Gestalten ein letztes Mittel fand, der hoffnungslosen Trostlosigkeit seiner Lage zu widerstehen.

© Schubert, Giselher / www.fonoforum.de

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