Caroline Polachek
Es gab im letzten Jahrzehnt eine ganze Menge nächste große Dinger, die dann weder groß, noch die Nächsten und schon bald nicht einmal mehr Dinger sein sollten. Chairlift zum Beispiel. Kurzer Hype-Zyklus, eingeschworene Fanbase, gute Alben, aber zwischen 2005 und 2016 blieben die Wahl-New Yorker den Vorschusslorbeeren einen wirklichen Durchbruch schuldig.
Caroline Polachek ist mehr als das Erbe einer ziemlich guten Band. Denn wer einmal in dieser Brooklyn-Hipster-Aristokraten-Szene etabliert ist, der fällt so schnell auch nicht mehr aus der Vogue heraus. Sie hat aber auch eine Menge Kollaborationen auf dem Kerbholz: Sie gründet den Girl Crisis Choire, sie arbeitet mit Violens, mit Blood Orange und schreibt sogar letztlich Songs für Beyoncé.
Dass der magische Moment, der die Weichen für die Zukunft stellen soll, dann aber außerhalb des Kontinents stattfindet, dürfte den New York-Stolz wohl etwas verletzen. 2016 arbeitet sie für eine eigentlich einmalige Angelegenheit mit PC Music-Zugpferd Danny L. Harle zusammen. Die Nummer heißt "Ashes Of Love" und stellt ein Bekenntnis zur Popmusik dar, wie man es als Indie-Darling wirklich erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehntes so abliefern kann.
Das Jahr vergeht, Chairlift löst sich irgendwann unweigerlich auf und Polachek steht ein wenig einsam auf weitem Flur da. Wie viele Künstler, deren Ära abgelaufen ist, könnte sie nun auch zu einem respektierten, aber nicht mehr wirklich sinnvoll genutzten und einigermaßen obsoleten Nostalgie-Act werden. Aber sie hat keine Lust auf die Resterampe. Sie strukturiert ihre Kontakte neu und sucht den Tunnel, aus dem der frische Wind weht.
So landet sie 2017 auf "Pop 2" von Charli XCX, einem Album, das irritierend grundlegend für die Zukunft des Pop-Indies sein wird. "Tears" heißt ihre Kollaboration direkt im Eingang der Platte. Blut geleckt, geht es schon bald weiter. 2019 veröffentlicht sie ihr erstes Album als Solo-Act unter dem eigenen Namen. Zwar gab es als Ramona Lisa und als CEP bereits Solo-Efforts, doch dieser fühlt sich auch für die Fans definitiver an.
Es ist also ein ganz neues Kapitel, das da mit "Pang" anfängt. Aber es fühlt sich organisch an, sich dem immer größer werdenden Rudel des Pop-Indies anzuschließen und sich in eine neue Bewegung einzugliedern. Polachek hat das Talent, um in jeder Szene ihren Platz zu finden, und das Mindset und die Innovationslust, es auch funktionieren zu lassen. So scheint ihr ein Platz irgendwo zwischen Rina Sawayama und Weyes Blood wie auf den Leib geschneidert. Ähnliches gilt allerdings auch für den Art Pop ihres zweiten Soloalbums "Desire, I Want To Turn Into You", das im Februar 2023 erscheint.
© Laut
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