Totally Enormous Extinct Dinosaurs
"Ich bin kein Poet - nicht mal ein Sänger. Ich bin nur ein Produzent, der sich als Dinosaurier verkleidet und singt", sagt Orlando Higginbottom, der Mann, der sich hinter dem etwas sperrigen Projektnamen verbirgt und diesen Namen auch gleich in ein exzentrisches visuelles Konzept übersetzt. Bei derart viel Hang zum großen Auftritt versteht es sich beinahe von selbst, dass Higginbottom aus dem Mutterland aller Exzentriker, Großbritannien, kommt.
Totally Enormous Extinct Dinosaurs – den Namen muss man erst mal sacken lassen. Doch obwohl Jurassic Park und der damit verbundene Urzeit-Hype im Jahr der Album-VÖ (2012) bereits 19 Jahre auf den Knochen hat, klingt der Act hinter dem Pseudonym alles andere als dated.
Orlando Higginbottom heißt der Oxford-Zögling mit dem vergleichsweise jungen Baujahr 1984, der seit 2009 mit mehreren EPs Eindruck hinterlässt. Higginbottom, Sohn des Chorleiters an der Oxford-Universität, produziert knackige Electronica zwischen Techno und House Music.
Ganz in Familientradition arbeitet er zunächst als Musiklehrer, bevor er mit der Debüt-EP "All In One Sixty Dancehalls" auf dem Minilabel Greco-Roman (geführt von Hot Chips Joe Goddard) für erstes Aufhorchen sorgt. Doch ist es vor allem der Track "Garden" mit seinem Sitzplatz zwischen Elektropop, Euro House und 2Step-Beats, der ihn in die Stratosphären des Dance Pop katapultiert.
Die Radiohosts auf BBCs Radio 1 werden schnell auf das Stück aufmerksam, der Rest geht fast wie von selbst: Damon Albarn lädt TEED für das DRC Music-Projekt nach Kinshasa ein, später tritt Higginbottom in naturhistorischen Museen stilecht unter Dinosaurier-Gerippen auf, und 2011 kauft der Telekommunikationsanbieter Nokia "Garden" für die TV-Werbung ein. Außerdem erhält Orlando Remixaufträge für Lady Gaga und Katy Perry – die perfekte Weichenstellung für das Debütalbum "Trouble".
Seinen Liveauftritten verleiht TEED ebenfalls eine besondere Note: Anders als bei den meisten Produzenten elektronischer Musik ist Performance für Higginbottom immer auch Verausgabung. Ohne Unterlass hüpft er zu seinen pumpenden Beats zwischen Laptop, Keyboard, Sampler, Drum Machine und Mikrofon hin und her.
Was wiederum in Anbetracht seiner Vorbilder nicht so verwundern kann: Mr. Ausgestorbener Dino benennt so unterschiedliche Musiker wie Nina Simone, Stevie Wonder und Fabio als Vorbilder.
Sein Debütalbum landet Ende 2012 ganz vorne in Jahrespolls von New Musical Express und DJ Mag. Und auch altehrwürdige Institutionen wie die BBC legen TEED ihren Hörern nahe. Kein Wunder, dass die Karriere bei soviel Unterstützung weiter an Fahrt gewinnt.
2013 erreicht ihn dann der Ruf von Kumpel Damian Lazarus, der Higginbottom für seine Mix-Compilation-Reihe "Get Lost" an den Mixer stellen möchte. Viel Überredungskunst bedarf es dafür nicht, schließlich haben zuvor schon Jamie Jones, Acid Pauli und Label-Chef Damian Lazarus ein Set eingespielt.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern fällt die Trackauswahl von Totally Enormous Extinct Dinosaurs experimenteller aus. Underground Resistance, Gold Panda und Ex-Cabaret Voltaire Mastermind Richard H. Kirk sind alle auf "Get Lost VI" zu hören. Passend zum CD-Release tourt der Brite den Sommer über durch Europa, wo er große Festivals und natürlich auch die Partyinsel Ibiza bespielt.
Danach kommt: wenig. TEED arbeitet als DJ, mit großem Erfolg, aber ohne eigenen musikalischen Output, feiert seinen verdienten Ruhm ausgiebig, zerstreitet sich mit seinem Label und zieht nach LA. 2015 bis 2018 legt er eine Pause ein, erst danach 2018 arbeitet er wieder an Tracks und hinter den Kulissen als Produzent. Ein Durchbruch ist die Grammy-Nominierung 2020 für seine Zusammenarbeit mit Bonobo - "Heartbreak", es bleibt aber zunächst bei vereinzelten EPs.
2022 folgt das zweite Album "When The Lights Go" auf dem eigenen Label Nice Age. Weiter wandelt TEED zwischen Pop und Dance, unverwechselbar auch ohne Dinokopf.
© Laut
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