J.S. Bach: The Art of Fugue, BWV 1080

Albumbeschreibung

Unabhängig davon, wie man Bachs „Kunst der Fuge“ einrichtet und auf welchen Instrumenten man sie aufführt: Es bleibt mit seinen vertrackten kontrapunktischen Finessen ein schwer verdaulicher Brocken mit Kunstbuch-Charakter. Ein weiteres Problem stellt die Satzfolge dar, die im Autograf und im posthumen Druck, dessen Stichvorlagen Bach immerhin noch zum Teil veranlasste, unterschiedlich ausfällt. Da verwundert es schon, dass sich eine 26-jährige Pianistin ausgerechnet dieses Werk für ihr Plattendebüt aussucht. Schaghajegh Nosrati ist iranischer Herkunft, aufgewachsen in Deutschland und sammelt seit Jahren Preise. Darunter etwa den Zweiten Preis des Internationalen Bach-Wettbewerbs in Leipzig im Jahre 2014. Mit Bach also steht sie offenbar schon länger auf gutem Fuß. Auch dass sie András Schiff zu ihren Mentoren zählen darf, wirft gewiss ein positives Licht auf ihre pianistischen Fähigkeiten. Mit der „Kunst der Fuge“ beschäftigt sie sich schon seit Längerem; nach ihren eigenen Worten im Booklet ist dies nicht nur ihr „Schlüssel“ zu Bach, sondern auch die Musik, mit der sie „am meisten gerungen“ hat. Von diesem Ringen verspürt man erstaunlicherweise nichts. Egal wie vertrackt und vollstimmig die jeweilige Fuge bzw. der Kanon auch immer sein mag, die Musik fließt unter ihren Fingern, sie atmet und lebt. Dabei macht Nosrati – wie es sich gehört – die Stimmverläufe überaus transparent, doch erkauft sie dies nicht mit Überzeichnung. Vielmehr verdeutlicht sie mit feiner Artikulation Zusammenhänge und schafft Spannungsbögen, die – wie im Contrapunctus 7 – durch rhythmische Mikroverzögerungen noch weiter anwachsen können. Doch bei aller technischen Reife scheint mir das Besondere dieser Aufnahme darin zu liegen, dass sie aus Bachs ungemein kalkulierter Musik derart emotional-affektive Wirkungen herausliest und dem Zuhörer vermitteln kann.
© Emans, Reinmar / www.fonoforum.de