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Michael Bolton

Am Samstag, den 7. November 1992 erlebt Michael Bolton das größte Publikum in Deutschland, Österreich und der Schweiz, das ihm jemals zuteil wird. Alleine in der wiedervereinigten BRD verfolgen 15 Millionen "Wetten dass...?"-Fans seinen Auftritt bei Wolfgang Lippert. Der neue Moderator kämpft in seiner zweiten Folge mehr mit den Erwartungen der Kritiker als Bolton, der maximal sicheres Terrain betritt: Er covert die Bee Gees mit "To Love Somebody". Ein Armutszeugnis für einen Komponisten, Texter, Multiinstrumentalisten. Zudem gewinnt er dem Stück nichts Neues ab. So ist das generell auf "Timeless - The Classics". Ein Foto ziert dieses pure Cover-Album, auf dem Bolton gut gestylt wie 20 ausschaut - zu diesem Zeitpunkt ist er 40. Auf seinem Karriere-Hoch hat er bereits eine lange Aufwärmzeit hinter sich. Geboren am 26. Februar 1953 als Sohn eines Kommunalpolitikers der Demokraten wächst Bolton unter dem Namen Bolotin im Osten der USA auf, in Connecticut. Bereits als Kind hört er viel Motown. Passend dazu nimmt er schon mit sieben Jahren Saxophonunterricht. Nach dem Stimmbruch hebt er sich die Luft auch fürs Singen auf. Seine Stimme umfasst eine Spanne von vier Oktaven, wie sie wenige bieten. Er beginnt sich selbst an der Gitarre zu begleiten. Seine Eltern lassen sich scheiden, er sucht darauf hin umso mehr Trost und Harmonie in der Musik. Und sie glauben an ihn, als er mit 16 die Schule abbrechen will, um Musik zu seinem Lebensunterhalt zu machen. Einen Vertrag hat er sogar schon, mit den großen Epic Records. Allerdings nur für Singles. Aufgrund eines Demo-Tapes mit härterer Rockmusik bandelt RCA mit Bolton an, damals das Label für Elvis. Vereinbart sind zwei Alben, die unter den Titeln "Michael Bolotin" (1975) und "Every Day Of My Life" (1976) floppen. Selbst dass ein absoluter Könner, David Sanborn, am Saxophon eröffnet, bleibt für Herrn Bolotin ohne Effekt. Der damals langhaarige Musiker gibt nicht auf und bewirbt sich bei einer Metal-Gruppe, die einen Frontmann sucht. Nun ist das Saxophon, das Bolton selbst ja gelernt hatte, nicht mehr gefragt, nur noch seine edle Stimme. Flexibel fügt er sich bei der Band Blackjack ein und kann danach zwei weitere LPs ins Regal stellen, die ebenfalls gefloppt sind. Beide entstehen in den ruhmesträchtigen Criteria Studios in Miami, die von ABBA ("Voulez-Vous") bis Fleetwood Mac ("Go Your Own Way") gerade das Who's Who damals aufsucht; sogar das "Hotel California" war dort in Florida entstanden, und die Plattenfirma Polydor lässt eine fette Stange Geld springen. Jedoch folgen weder Publikum noch Presse der Verbindung von Hard'n'Heavy mit Soul-Geschichte. Die zweite Blackjack-Scheibe, "Worlds Apart", dokumentiert die Geburt eines Babys im Lied "Welcome To The World". Es ist der Knabe Casey Cassone, Sohn des Toningenieurs, der im März 1980 in einer Klinik das Licht der Welt erblickt, und ihm widmet sich die Platte. Die Krankenschwester im Kreißsaal wird mit den Worten "Open your eyes / welcome to the world" zitiert. Bruce Kulick kümmert sich als Ko-Autor um die Gitarre und steigt danach bei Kiss für Ace Frehley ein, wo es für ihn besser läuft. Bruce und Bolton bleiben in Verbindung, wie sich Paul Stanley in seiner Autobiographie "Face The Music" erinnert - sogar in sehr fruchtbarer Verbindung, wie sich später zeigt. Der fünfte Longplayer durchbricht die Serie von Boltons Misserfolgen, hört auf den unfassbar originellen Titel "Michael Bolton", doch mit "Everybody's Crazy" verebbt die Woge des Künstlers wieder. "The Hunger" punktet erstmals auch in Europa. Allen voran mit einem Soul-Cover als Lead-Single: Bolton wagt sich an Otis Redding ran. Der Sound gerät immer weicher. "Es gab definitiv einen besonderen Moment, der alles für mich veränderte. Dieser eine Augenblick ebnete meinen Weg zum Erfolg", erklärt der Sänger später rückblickend bei Focus Online. "Der damalige Chef meines Labels Colombia Records sagte mir, dass ich mich von Hardrock-Musik verabschieden sollte, um stattdessen die großen Balladen aufzunehmen, die ich geschrieben hatte und zuvor an andere Künstler weitergab." Der kuschelige Schmeichler "How Am I Supposed To Live Without You" macht den New Jerseyianer im Jahr '89 plötzlich weltbekannt. Wer entsprechend viel Arbeit hat, dem gib noch mehr. Der Song "Forever" entsteht nach einem Entwurf auf einem Fax von Kiss an Bolton und wendet für die coolen Kostüm-Rocker das Blatt vom Niedergang zum großen Comeback. Denn er "erlaubte uns wieder auf eine größere Tour zu gehen. Das Video stieg in die Heavy Rotation auf MTV ein", notiert Paul Stanley in seinen Memoiren. "Das Witzige an 'Forever' war, dass die Leute das als 'einen Michael Bolton-Song' einschätzten, weil's in gewisser Weise uncharakteristisch für Kiss war, und zumal er als Ko-Songwriter in den Credits stand. So als ob ich das sicher nicht geschrieben haben könnte." - Dabei sorgte Bolton nur für den Feinschliff. "Soul Provider" und die folgenden sieben Alben sowie die "Greatest Hits" sorgen für klingelnde Kassen. Auswahl und Darbietung zeigen sich aber eigentlich recht lau und durchschnittlich. Sie sprechen Käufer an, jedoch keineswegs die Kritiker-Zunft. Auf den Punkt bringt es ein Review zum reinen Cover-Album "Timeless - The Classics". "Eine Star-Crew um Produzent Walter Afanasieff mit Musikern wie David Foster, Michael Landau oder den Bläsern von Tower of Power half bei der Bewältigung des ehrgeizigen Projekts. Doch die Rhythm & Blues-Krachern 'Hold On I'm Coming' und 'Knock On Wood' haben wenig Pep, die Balladen wirken kitschig, und Nummern wie 'Yesterday' bedürfen schlicht keiner Neuinterpretation", so urteilt das HiFi-Magazin Stereoplay hart. Erst seine Duett-Sammlung "Gems" bringt ihm bei uns 2011 wieder Beachtung und Streams ein. Allianzen schmiedet er darauf mit Lara Fabian, Delta Goodrem, Seal - und: Helene Fischer! Michael Bolton betritt den deutschen Schlager-Olymp. Beflügelt vom Aufwind durch diese CD und von solchen Duetten traut Michael sich 2012 auch erstmals, seine Lieblingsmusik aufzunehmen: Motown-Soul aus Detroit! Prinzipiell eine gute Entscheidung. In Deutschland bekommt man nur kaum jemand was von "Hitsville U.S.A." mit. Hier erscheint das Album erst zwei Jahre später, und unter einer Bedingung: Zur Version von "Ain't No Mountain High Enough" mit Leona Lewis im Paar-Gesang, gesellt sich eine weitere mit Helene - als Bonus Track. Dieses Marketing-Kalkül geht jedoch nicht so wirklich auf und die CD relativ unter. Die Tracklist arbeitet "Ain't Nothing Like The Real Thing", "What's Going On", "Signed, Sealed, Delivered (I'm Yours)" und viele weitere einschneidende Tracks aus der Motor City ab. An die Spuren Marvin Gayes heftet sich auch ein Cover von "Heard It Through The Grapevine" auf "Songs Of Cinema", womit sich Bolton dann wieder in den deutschen Top 100-Alben platziert. Wobei der Titel in vielen Versionen kursiert, die überhaupt nichts mit 'Cinema' zu tun haben und er natürlich kein "Song Of Cinema" ist, wie auch mehrere der anderen Stücke, gleichwohl ein paar Soundtracks ihn enthalten. Umgekehrt tauchen Boltons Versionen nicht in Filmen auf, der CD-Titel führt auf den Holzweg. Das Label ist dieses Mal die italienische Firma Frontiers. Zeitgleich zum übernächsten Album "Spark Of Light" organisiert sie ein Tribute an Michael. "Steel Bars" würdigt seine durchwachsenen Anfänge im Hardrock-Milieu und fischt eine Reihe von Perlen heraus. So schließt sich nach langer Zeit der Kreis in einer kuriosen Odyssee durch viele Stile.
© Laut

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