Junior Boys
Mitte der Neunziger Jahre ist Jeremy Greenspan aus Hamilton, Ontario so etwas wie die personifizierte Krise der Popmusik. Alles scheint gesagt: jeder Tune ausprobiert, zu jedem Beat gebounct, jede Fläche ausgemalt und neulackiert.
Dann, mit einem Mal, befreit sich der Pop aus seiner nostalgischen Rückwärtsschleife und findet die Gegenwart wieder. In den Staaten infiziert Timbalands schluckaufartiger HipHop den Mainstream, während im UK Speed Garage zu 2Step mutiert, jener Clubmelange aus hochgepitchten Vocals und tiefen digitalen Bässen.
All das passiert des Kanadiers musikalische Filtertüte und inspiriert seine frühen Arbeiten mit Partner Johnny Dark: rhythmische Psychedelica und eiszeitliche Electronics treffen auf Greenspans verletzliche und verlangende Schlafzimmerstimme. Eine gute Breitseite Androgynität und sanfter Anti-Machismus schwingt in Greenspans unaufgeregtem Gesang stets mit.
Das Taktgerüst bleibt 80's-lofi-poppig bis nackt, die ätherischen Flächen klingen nach zugezogenen Jalousien und Daunenfedern. Im Gegensatz zum Late Night Talking auf Konserve überraschen Junior Boys live mit rockistisch lärmender Attitüde, ausufernden Synthie-Eskapaden und einer deutlich härteren Stimmpräsenz.
Zur Zeit der "Last Exit"-Erstveröffentlichung (2007) steigt Dark aus dem Zwei-Mann-Projekt aus. Jeremys Langzeit-Freund und Produzent Matt Didemus übernimmt den vakanten Platz. Gemeinsam bringen sie den Act auf das nächste Level: Das zweite Album wird Polaris Music Prize-Nominee, und der Carl Craig-Remix von "Like A Child" (enthalten auf der "Dead Horse"-EP) erhält eine Grammy-Nominierung.
Wenig später erhalten die Boys vom Berliner Label Get Physical den Auftrag, sich in die renommierte "Body Language"-DJ-Reihe zu stellen.
Nach dem 2011er "It's All True" verfolgen beide verschiedene Projekte, unter anderem widmet sich Jeremy Greenspan Caribou und Jessy Lanza. Erst Ende 2015 dringen wieder neue Lebenszeichen der Boys ans Licht der Öffentlichkeit. "Over It" und der Titeltrack des nächsten Studio-Outputs, "Big Black Coat", das im Februar 2016 über das neue Label City Slang erscheint.
© Laut
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Diskografie
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