Jaqee
"Nichts schlägt eine ordentliche Reggae-Bassline. Ich bekomm' jedes Mal weiche Knie, wenn ich einen Reggae-Bass höre." Jaqee benötigt trotzdem vergleichsweise lange, bis sie sich selbst in Reggae-Gefilden wiederfindet. Aber Genre-Schubladen sind ohnehin für Anfänger.
"Meine Motivation besteht darin, die Dinge zu tun, die sich für mich in einem bestimmten Moment richtig anfühlen." Sich von Genre-Grenzen einschränken zu lassen, gehört definitiv nicht dazu. "Ich möchte mich in allen möglichen musikalischen Facetten ausdrücken können."
Möglicherweise geht Jaqees stilistische Vielseitigkeit auf ihren Lebensstil zurück: Geboren in Ugandas Hauptstadt Kampala gewöhnt sie sich gezwungenermaßen rasch an ein unstetes Dasein.
Jahrelang zieht die Familie durch den Süden des Landes, ehe die Eltern als politische Flüchtlinge Aufnahme in Schweden finden. Jaqee wählt Göteborg zu ihrer Basis, sesshaft wird sie trotzdem nicht. Allerdings findet sie in der Musik einen treuen Reisebegleiter - und eine Heimat.
Für ihr erstes Album "Blaqalixious", das 2005 erscheint, bewegt sie sich im Soul und R'n'B, der zweite Longplayer "Nouvelle D'Amour" schlägt, dem Kitsch verheißenden Titel zum Trotz, Rock- und Blues-Töne an. Für die schwedische Entsprechung des Grammys nominiert werden beide. Jaqee ist stolz - und avanciert zum Dauergast im nationalen Fernsehen.
Zwischenzeitlich nimmt sie mit der Bohuslän Bigband "Letter To Billie", eine Hommage an Billie Holiday, auf. Jetzt auch noch Jazz? Jaqee fegt Berührungsängste beiseite:
"Ich denke, alle diese Genres haben weit mehr miteinander gemein, als uns klar ist", erläutert sie im Interview mit reggae-town.de. "So gut wie alles begann mit dem Sklavenhandel, als mit den Afrikanern ihre Musik nach Amerika verschleppt wurde."
"Sie half beim Überleben: Erst die Negro Spirituals, dann Jazz. Ohne all das hätte es Rock nie gegeben. Soul beeinflusste R'n'B und Rocksteady, als das Tempo herunter geschraubt wurde, entstand Reggae, wie wir ihn heute kennen." Alles hängt zusammen, und Jaqee mittendrin.
Teka, Hausproduzent und Mitbegründer des Kölner Labels Rootdown Music, stolpert über Jaqees Stimmgewalt - Ihr Gesang provoziert Kritiker zu vergleichen mit Kelis und Macy Gray - und rekrutiert sie für sein Projekt Koalas Desperados. Daraus erwächst eine ersprießliche Zusammenarbeit - und auch gleich Jaqees nächstes Album "Kokoo Girl": diesmal wirklich eine Reggae-Platte.
Jaqee freut sich: "In den 90ern war ich in Dancehall-Clubs zu Hause. Ich habe schon Reggae gehört, als ich ein Kind war und habe mich immer mit der dahinter stehenden Philosophie befasst. Ich glaube nicht, dass es ausreicht, Dreadlocks zu tragen, schwarz zu sein und zu denken, man sei Reggae."
2010 erscheint "Kokoo Girl" in Frankreich erneut - unter dem Titel "Land Of The Free". iTunes ermittelt diese Platte als erfolgreichste Reggae-Veröffentlichung des Jahres.
Für den Nachfolger lässt sich Jaqee Zeit: Erst 2013 erscheint das Werk mit einem - inzwischen mit gutem Grund - selbstbewussten Titel: "Yes I Am". "Melodien und Texte sind eng miteinander verbunden", erklärt die Sängerin.
"Auch, wenn ich Wortspiele liebe, muss immer sehr deutlich bleiben, worum es geht. Ich lese Musik nicht, ich visualisiere und höre sie. Das scheint die Art und Weise zu sein, nach der mein System funktioniert: Es dreht sich alles um den Rhythmus und um das Leben."
Das Etikett, das man ihrer Musik aufklebt, ist Jaqee ohnehin gleichgültig. "Alles ist möglich, solange es wahrhaftig ist. Ich habe mir niemals Gedanken über Genres gemacht. Für mich ist alles drin, sobald der Vibe stimmt."
© Laut
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