Hayden
Das Künstlerschicksal wurde Hayden geradezu von seinem Vater in die Wiege gelegt. Sherwin S. Desser lehrte einst als Professor der Parasitologie an der Universität von Toronto, bevor er sich im Ruhestand ganz der bildenden Kunst widmete. Nun erfreut er interessierte Liebhaber zeitgenössischer Bildwelten mit ausdrucksstarker Malerei vielfältigster Couleur – von abstrakt bis surreal.
Sein Filius Paul Hayden Desser erblickt am 12. Februar 1971 im kanadischen Thomhill, Ontario das Licht der Welt. Wie der Vater, so schlägt auch der Sohn zunächst die akademische Laufbahn ein, wobei er sich ohne Umwege der Kunst zuwendet. 1993 macht er an der Ryerson Universität seinen Abschluss als 'Bachelor of Applied Arts' (B.A.A.) im Studiengang Kunst in Radio und Fernsehen.
Die Form von Kunst, die er in diesen Medien vorfand, erfüllt ihn jedoch offensichtlich nicht. In den frühen 90er Jahren greift Hayden kurzerhand selbst zur Akustikklampfe und unternimmt, inspiriert vom Arbeitsethos seiner Indiehelden Sebadoh und Pavement, seine ersten musikalischen Gehversuche auf dem Lo-Fi Weg. Nach und nach konserviert er seine Songs mit einem Vierspur-Tonbandgerät, wobei das Knistern und Rauschen charakteristischerweise integraler Bestandteil des Sounds ist.
Sein Debütalbum "Everything I Long For" erscheint 1995 auf seinem eigenen Label Hardwood Records und spiegelt seinen musikalischen Selbstfindungsprozess zwischen Alternative Country und der zeitgenössischen Strömung des Grunge wider.
Dank einer anschließenden US-Tour im Vorprogramm der Kritikerlieblinge Guided By Voices und kurzzeitigem Airplay auf MTV mobilisiert Hayden zunehmend größere Hörerpotenziale, was in der Folge dazu führt, dass sein Debüt bei einem Sublabel von Geffen neu aufgelegt wird.
Seine 96er "Mild And Hazy" 7"-Single veredelt Hayden mit einer gelungenen Coverversion des Indierock-Klassikers "Gouge Away" von den Pixies. Im selben Jahr leistet er mit dem Rock-orientierten Titelsong einen Beitrag zum Soundtrack des Independent Streifens "Trees Lounge", bei dem Kultschauspieler Steve Buscemi Regie führt. Das ereignisreiche Jahr wird für den Kanadier mit einem ganz besonderen Bonbon gekrönt, erhält er doch die große Ehre, für Altmeister Neil Young höchstpersönlich an beiden Abenden seiner alljährlichen "Bridge School"-Benefizkonzerte zu eröffnen.
In loser Regelmäßigkeit veröffentlicht er nach der 96er EP "Moving Careful" die Alben
"The Closer I Get"(1998), das erstmals international über ein Majorlabel erscheint, "Skyscraper National Park"(2001), "Live at Convocation"(2002), "Elk-Lake Serenade"(2004) und zuletzt 2008 "In Field And Town". Dazwischen bestreitet er zahlreiche Tourneen mit Künstlern wie Juliana Hatfield und The Tragically Hip, bei denen er gewöhnlich von einer kompletten Begleitband unterstützt wird.
Während Hayden auf seinem ersten Output vergleichsweise ungezügelt zu Werke geht, besinnt er sich in der Folgezeit auf seine Stärken als Singer-Songwriter und fokussiert sich zunehmend auf die ruhigeren Facetten seiner Musik. Damit trägt er bewusst seinen stimmlichen Anlagen Rechnung, zumal er mit seinem äußergewöhnlichen gesanglichen Spektrum sowohl in die falsettartigen Höhen Neil Youngs als auch in die sonoren, rauen Tiefen Leonard Cohens vordringt.
Ähnlich wie seine Artgenossen Will Oldham alias Bonnie 'Prince' Billy und Nick Drake bereichert er die klanglichen Tagträume audiophiler Melancholiker mit musikalischen Einöden voller zeitloser Kraft und Schönheit. Seit er sich in der Indie-Folk-Nische niedergelassen hat, bleibt er sich selbst treu und verweigert sich konsequent jedweden vergänglichen Trends.
Analog zur breiten Palette, die das malerische Œuvre seines Vaters auszeichnet, beherrscht Hayden die ganze Klaviatur der ruhigen Töne. Gepaart mit seinem Naturinstinkt für unwiderstehliche Melodien versteht er es, stimmungsvolle wie ausdrucksstarke Arrangements aufs Folkparkett zu bringen, die auf geniale Weise aufs Wesentliche reduziert und reich an Nuancen sind.
© Laut
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