Darwin Deez
Alles an Darwin Deez kommt einem zunächst wie Attribute eines Supergeeks vor: beknackte Frisur, spackige Tanzsynchro im Napoleon-Dynamite-Stil bei Liveauftritten, Schlafzimmer-Recordings, seine Liebe zu den Gitarren von Jimmy Eat World wie zum Mathrock von Q And Not U – das Ein-Mann-Indiefolk-Projekt mit Band im Rücken setzt gezielt auf eine weirde Indie-Ästhetik.
Das entspricht vielleicht nicht jedermanns Geschmack, ist aber tatsächlich die akkurateste Präsentationsform für Deez' Persona. Sein in UK wie USA vielgelobtes Debüt erscheint im Frühjahr 2010 (in Deutschland via Indie Lucky Number Music, Sebastien Tellier u.a.) und macht wie der Strippenzieher selbst auf reichlich komisch. Moldy-Peaches-Antifolk trifft da ziemlich unvermittelt und doch sinnig auf The Strokes-Vintagerock, um eines der Indie-Sommeralben des Jahres abzuliefern.
Deez nölt und dehnt Vokale wie Julian Casablancas zu absurden und/oder humorigen Abhandlungen über Leben und Liebe, die Adam Green alle Ehre machen würden. Dafür genügt zweifellos ein Minimalismus aus Drumpad, Gitarre und Gesang. On Stage hingegen fährt Deez gerne ein halbes Dutzend Akteure auf. So bleibt mehr Zeit für Tanzeinlagen.
Derart kultiviertes Außenseitertum prägt Darwin Deez' Leben von klein auf. Geboren in South Carolina als Sohn zweier Meher-Baba-Anhänger schenkt ihm sein Vater zum elften Geburtstag die erste Gitarre. "Es war eine cremefarbene Fender Strat, die ich bis heute benutze. Er brachte mir ein paar Akkorde bei und ich begann sofort, Songs und Lyrics zu schreiben." Mit zwölf und einem Freund namens Black Moon startet Darwin, der zu dieser Zeit Weezer, Nirvana und Nada Surf gleichermaßen schätzt, den ersten dilettantischen Bandversuch. "Es war mehr eine Art Imitation von Sachen, die wir für Poesie hielten", gibt man sich bescheiden.
Dann dreht er sich das erste Mal um 180 Grad: Deez hört einen Chemical Brothers-Song und vergisst seine Liebe zum LoFi-Indie bis auf Weiteres. Er investiert in Drumcomputer und Sampler und beginnt, selber Drum'n'Bass zu produzieren. Erst als ihm mit 18 ein Cousin "Your New Aesthetic" von Jimmy Eat World vorspielt, erinnert er sich an die alte Liebe und kehrt zu ihr zurück. "Da war ein dichter Gitarrensound, der mir zeigte, was ich zuvor verpasst hatte", lacht er.
Auf der Wesleyan Universität in Brooklyn läuft es hingegen nicht so gut. Zwar gründet er kurzzeitig die 90 Day Men-Epigonen Miso Cardigan, findet aber sozial keinen Anschluss an seine Kommilitonen. "Ich dachte, ich würde Menschen treffen, mit denen ich bis ans Ende meines Lebens befreundet sein würde. Es war aber überhaupt nicht so. Ich schätze, ich habe damals einfach die falsche Umgebung für mich gewählt."
Deez zieht nach New York City, besucht die Open Mic-Montagabende im Sidewalk Café im Manhattaner East Village, jenen Ort, den bis heute der Geist der Antifolk-Initialzündung umweht. Dort wo Adam Green und Regina Spektor aus dem Untergrund hervortraten, findet sich die passende Nische. Die Zuschauer seien selbst bei der Vorband jederzeit extrem aufmerksam gewesen, blickt Darwin zurück, und: "Ich wurde durch die anderen Songwriter inspiriert, an meinen Texten zu feilen".
Er wird Mitglied der Brooklyner Indierocker Creaky Boards, erwirbt ein Casio-Keyboard und schreibt seinen ersten LoFi-Popsong "Deep Sea Divers". Der landet Jahre später auch auf dem selbstbetitelten Debüt, womit die Suche nach der eigenen Stimme vorläufig beendet ist und sich ein Kreis schließt. Ohnehin: Schon allein dank der Optik bleibt Darwin Deez die Aufmerksamkeit auch in Zukunft gewiss.
© Laut
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