Sounds of Mirrors

Albumbeschreibung

Die Jonglage mit Worten (und nicht etwa Wörtern!) ist jedem Schreiber das gleiche Vergnügen wie einem Musiker das Spiel mit Noten. So nimmt man Dhafer Youssefs poetische Vorlage dankbar an und spiegelt sie kurzerhand. Denn sein neues Album „Sounds of Mirrors“ wirkt wie ein Dutzend „Mirrors of Sounds“, die jeder für sich die individuellen Klangsprachen der vier Musiker nicht allein reflektieren, sondern sie zu luzider Strahlkraft von immenser Wirkmacht bündeln.
Deutlich konzentrierter als auf den Vorgänger-Alben funkelt auch hier ein wundersames Amalgam, das sich aus der Kindheit des 1967 im tunesischen Teboulba geborenen Autodidakten speist. Lernte er doch in der Koranschule seines Großvaters die heimische Sufi-Tradition kennen und gleichzeitig heimlich den Jazz lieben. Dhafer Youssefs Versuch, 1989 diesen in Österreich zu studieren, scheiterte jedoch an mangelnden Klavier- und Noten-Kenntnissen. Was folgte, war eine Karriere vom Grazer Tellerwäscher zum italienischen (!) Kellner in einer Wiener Pizzeria. Als ausdrucksstarker Sänger und Oud-Virtuose fasste er aber rasch Fuß in der Weltmusikszene der Donaumetropole, um wenig später sein Konzept einer arabisch inspirierten, aber nach allen Seiten weit offenen Musik zu entwickeln.
An Youssefs frühe Jahre erinnert, dass Tabla-Superstar Zakir Hussain harmonisch in den grandiosen Wohlklang integriert wurde; ein langjähriger Weggefährte ist Eivind Aarset, dessen schwebende Grundierungen hier kaum als Gitarren-Produkt erkennbar sind. Spektakulär, wie sich darüber die markante Oud samt hypnotischer Stimme des 51-jährigen Weltbürgers mit der zart näselnden Klarinette von Hüsnü Şenlendirici, die türkische Sufi-Tradition diskret spiegelt, zu traumschönen Soundscapes von entrückender Intensität verweben.

© Thielmann, Sven / www.fonoforum.de