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Geht es um Nico, fängt man am besten bei ihrem Grab an. Alle zwei Stunden fährt ein historischer Bus in den Grunewald, er hält mitten im Forst. Etwa zweihundert Meter geht man als Besucher auf einem Waldweg entlang, dann links, tiefer zwischen den Bäumen, lässt sich das Friedhofsgatter erspähen. Hier lagen einst die Selbstmörder, die der Fluß an die Ufer trieb, aus reiner Not entstand die Grabstätte am Rand von Berlin. Die, die selbst aus dem Leben zu scheiden entschieden, waren der Kirche nicht mehr willkommen.
Ein paar Jahrzehnte später beerdigte man sowjetische Kriegsgefallene, russisch-orthodoxe Kinder, Oberförster und Prominente in dieser Abgeschiedenheit. Hier liegt Christa Päffgen im Grab ihrer Mutter, die erste Königin der deutschen Pop-Avantgarde, die traurigste unter den Schönsten, die Marianne Faithfull der Dunkelheit.
Nachdem sie in Andy Warhols Factory auf alle wichtigen Männer der Musikwelt traf und zusammen mit The Velvet Underground das ikonische Bananenalbum aufnahm, sang Nico auf ihrem ersten Soloalbum "Chelsea Girl" zunächst die Songs ihrer Lover. Angeblich überredete sie ihr Seelenverwandter Jim Morrison daraufhin, es doch einmal mit eigenem Liedgut zu versuchen.
Ob ihr Leonard Cohen wirklich das indische Harmonium gab, auf dem sie in Zukunft komponierte, ist ungewiss. Der Sound dieses ungewöhnlichen, bedrohlich röhrenden, leicht verstimmten Instruments bildete das Fundament für ihre ganz eigene morbide Klangkulisse, die auf drei kaum erträglichen Alben John Cale in Szene setzte. Am unerträglichsten ist "Desertshore" aus dem Jahr 1970 – so unmittelbar selbtverzehrend, so ungefiltert suizidal war Musik zuvor selten.
Schon "Janitor Of Lunacy" ist einem Toten gewidmet, als "Hausmeister des Wahnsinns" bezeichnet sie Brian Jones. "Janitor of lunacy / Paralyze my infancy / Petrify the empty cradle / Bring hope to them and me / Janitor of tyranny / Testify my vanity / Mortalize my memory / Deceive the devil's deed" ist purer Gothic Horror ohne ein fünkchen Ironie, Teufelsanbetung ohne jeglichen popkulturellen Pomp. Anton Szandor LaVey war bekanntlich Organist, hier pfeift eine Tischorgel gottverlassen, eine schneeweiße Frau jammert deutsches Englisch dazu.
In "The Falconer" gesellen sich Synthesizer und ein Piano dazu, das Arrangement ist sublim, minimalistisch, wunderschön. Tatsächlichen brechen die Wolken der absoluten Melancholie ein bisschen auf, "Father child / Angels of the night / Silverframe my candlelight", dazu geht das Klavier einen Moment lang ins Dur.
"My Only Child" ist ein Lied für Sohn Ari, der höchstwahrhscheinlich einer kurzen Affäre mit Alain Delon entsprang. John Cale setzt minimalste Frauenstimmen zur Harmonie ein, in der Ferne kommt ein einsames Waldhorn dazu. Diesem deutschen Jägerlied, das im Jenseits hallt, folgt, als ob es nicht schon gespenstisch genug wäre, ein Lied des damals achtjährigen Sprößlings selbst. "Je suis 'Le petit chevallier'", singt der kleine Ritter vor sich hin, während die Mutter am Abgrund der Welt das Cembalo spielt. Sie sollte ihn später mit ihrem guten Freund Heroin bekannt machen.
Auf "Abschied" klagt Cales notorisch zitternde Geige, Nico erreicht dazu endgültig den Höhepunkt teutonischer Verwesung: "Sein schweigender Mund, seine schlafende Brust / Harren zartlich der süßen Lust / Sein Körper bewegt sich nicht". "Afraid" wirkt dagegen fast leichtfüßig und munter. Eine nette Pianoballade darüber, sich die pubertäre Würde der unendlichen Traurigkeit auf immer und ewig zu bewahren. Bei Frau Päffgen ist alles Eschatologie, vor allem die eigene jugendliche Schönheit begreift sie als das letzte Ding.
"Mütterlein" ist der vielleicht bekannteste Track auf "Desertshore", von der Isntrumentierung her auch der aufwändigste. Industrielles Hämmern gibt den Takt an, das Harmonium wird wieder von Elektronik und Bläsern flankiert. Es ist das ganz große Requiem: "Liebes kleines Mütterlein / Nun darf ich endlich bei Dir Sein / Die Sehnsucht und die Einsamkeit / Erlösen sich in Seligkeit". Auch die Vokabeln "Heimatkleid" und "Herzeleid" dürfen nicht unerwähnt bleiben. Schließlich bedienten sich auch Rammstein dieser neuen deutschen Härte. Ob das noch als spätromantisch oder schon postromantisch gelten kann, stellt das Inferno zum Ende des Songs hin infrage. Das Piano wird avantgardistisch verdroschen, Cale spinnt aus dem Georgel und dem Gejaule seine ureigene Kakophonie.
"All That Is My Own" klingt zum endgültigen, wirklichen Abschied noch mal streng nach The Velvet Underground, ist vor allem eine Klangcollage, Nicos ganz eigener "Black Angel's Death Song". "Meet me on the desertshore" haucht die Eiskalte noch einmal drüber, damit der Albumtitel assoziativ Sinn ergibt und sich der Hörer nicht nur auf das Cover-Artwork verlassen muss. Vorne sitzt das Mütterlein auf einem weißen Schimmel in der Wüste, der kleine Ritter führt sie ins Nichts. Hinten räkelt sich die Erzeugerin mutterseelenalleine im sexy Kaftan auf den Dünen.
"Desertshore" und "The Marble Index" sind Nicos größte Vermächtnisse, sie zählen zu John Cales Meisterwerken. Kaufen wollte beide Geschichten aus der Gruft einst niemand. Stilistisch beeinflusste sie Generationen von traurigen Gothicbands des internationalen pubertären Mittelstandes. So authentisch verzweifelt, so ehrlich resigniert, so enttäuscht von der Welt konnten sie alle nur tun. Nico starb 1988, im Alter von 59 Jahren und liegt im Grunewald bis das Moos nicht mehr wächst.
© Laut
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John Cale, Composer, Lyricist, Producer, Mixer - Joe Boyd, Producer - Nico, MainArtist - BMG Music Publishing Ltd, MusicPublisher - Christa Paffgen, Composer, Lyricist
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
John Cale, Producer, Mixer - Joe Boyd, Producer - Nico, MainArtist - BMG Music Publishing Ltd, MusicPublisher - Christa Paffgen, Composer, Lyricist
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
John Cale, Producer, Mixer - Joe Boyd, Producer - Nico, MainArtist - BMG Music Publishing Ltd, MusicPublisher - Christa Paffgen, Composer, Lyricist
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
John Cale, Producer, Mixer - Joe Boyd, Producer - Nico, MainArtist - BMG Music Publishing Ltd, MusicPublisher - Christa Paffgen, Composer, Lyricist
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
John Cale, Producer, Mixer - Joe Boyd, Producer - Nico, MainArtist - BMG Music Publishing Ltd, MusicPublisher - Christa Paffgen, Composer, Lyricist
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
John Cale, Producer, Mixer - Joe Boyd, Producer - Nico, MainArtist - BMG Music Publishing Ltd, MusicPublisher - Christa Paffgen, Composer, Lyricist
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
John Cale, Producer, Mixer - Joe Boyd, Producer - Nico, MainArtist - BMG Music Publishing Ltd, MusicPublisher - Christa Paffgen, Composer, Lyricist
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
John Cale, Producer, Mixer - Joe Boyd, Producer - Nico, MainArtist - BMG Music Publishing Ltd, MusicPublisher - Christa Paffgen, Composer, Lyricist
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
Albumbeschreibung
Geht es um Nico, fängt man am besten bei ihrem Grab an. Alle zwei Stunden fährt ein historischer Bus in den Grunewald, er hält mitten im Forst. Etwa zweihundert Meter geht man als Besucher auf einem Waldweg entlang, dann links, tiefer zwischen den Bäumen, lässt sich das Friedhofsgatter erspähen. Hier lagen einst die Selbstmörder, die der Fluß an die Ufer trieb, aus reiner Not entstand die Grabstätte am Rand von Berlin. Die, die selbst aus dem Leben zu scheiden entschieden, waren der Kirche nicht mehr willkommen.
Ein paar Jahrzehnte später beerdigte man sowjetische Kriegsgefallene, russisch-orthodoxe Kinder, Oberförster und Prominente in dieser Abgeschiedenheit. Hier liegt Christa Päffgen im Grab ihrer Mutter, die erste Königin der deutschen Pop-Avantgarde, die traurigste unter den Schönsten, die Marianne Faithfull der Dunkelheit.
Nachdem sie in Andy Warhols Factory auf alle wichtigen Männer der Musikwelt traf und zusammen mit The Velvet Underground das ikonische Bananenalbum aufnahm, sang Nico auf ihrem ersten Soloalbum "Chelsea Girl" zunächst die Songs ihrer Lover. Angeblich überredete sie ihr Seelenverwandter Jim Morrison daraufhin, es doch einmal mit eigenem Liedgut zu versuchen.
Ob ihr Leonard Cohen wirklich das indische Harmonium gab, auf dem sie in Zukunft komponierte, ist ungewiss. Der Sound dieses ungewöhnlichen, bedrohlich röhrenden, leicht verstimmten Instruments bildete das Fundament für ihre ganz eigene morbide Klangkulisse, die auf drei kaum erträglichen Alben John Cale in Szene setzte. Am unerträglichsten ist "Desertshore" aus dem Jahr 1970 – so unmittelbar selbtverzehrend, so ungefiltert suizidal war Musik zuvor selten.
Schon "Janitor Of Lunacy" ist einem Toten gewidmet, als "Hausmeister des Wahnsinns" bezeichnet sie Brian Jones. "Janitor of lunacy / Paralyze my infancy / Petrify the empty cradle / Bring hope to them and me / Janitor of tyranny / Testify my vanity / Mortalize my memory / Deceive the devil's deed" ist purer Gothic Horror ohne ein fünkchen Ironie, Teufelsanbetung ohne jeglichen popkulturellen Pomp. Anton Szandor LaVey war bekanntlich Organist, hier pfeift eine Tischorgel gottverlassen, eine schneeweiße Frau jammert deutsches Englisch dazu.
In "The Falconer" gesellen sich Synthesizer und ein Piano dazu, das Arrangement ist sublim, minimalistisch, wunderschön. Tatsächlichen brechen die Wolken der absoluten Melancholie ein bisschen auf, "Father child / Angels of the night / Silverframe my candlelight", dazu geht das Klavier einen Moment lang ins Dur.
"My Only Child" ist ein Lied für Sohn Ari, der höchstwahrhscheinlich einer kurzen Affäre mit Alain Delon entsprang. John Cale setzt minimalste Frauenstimmen zur Harmonie ein, in der Ferne kommt ein einsames Waldhorn dazu. Diesem deutschen Jägerlied, das im Jenseits hallt, folgt, als ob es nicht schon gespenstisch genug wäre, ein Lied des damals achtjährigen Sprößlings selbst. "Je suis 'Le petit chevallier'", singt der kleine Ritter vor sich hin, während die Mutter am Abgrund der Welt das Cembalo spielt. Sie sollte ihn später mit ihrem guten Freund Heroin bekannt machen.
Auf "Abschied" klagt Cales notorisch zitternde Geige, Nico erreicht dazu endgültig den Höhepunkt teutonischer Verwesung: "Sein schweigender Mund, seine schlafende Brust / Harren zartlich der süßen Lust / Sein Körper bewegt sich nicht". "Afraid" wirkt dagegen fast leichtfüßig und munter. Eine nette Pianoballade darüber, sich die pubertäre Würde der unendlichen Traurigkeit auf immer und ewig zu bewahren. Bei Frau Päffgen ist alles Eschatologie, vor allem die eigene jugendliche Schönheit begreift sie als das letzte Ding.
"Mütterlein" ist der vielleicht bekannteste Track auf "Desertshore", von der Isntrumentierung her auch der aufwändigste. Industrielles Hämmern gibt den Takt an, das Harmonium wird wieder von Elektronik und Bläsern flankiert. Es ist das ganz große Requiem: "Liebes kleines Mütterlein / Nun darf ich endlich bei Dir Sein / Die Sehnsucht und die Einsamkeit / Erlösen sich in Seligkeit". Auch die Vokabeln "Heimatkleid" und "Herzeleid" dürfen nicht unerwähnt bleiben. Schließlich bedienten sich auch Rammstein dieser neuen deutschen Härte. Ob das noch als spätromantisch oder schon postromantisch gelten kann, stellt das Inferno zum Ende des Songs hin infrage. Das Piano wird avantgardistisch verdroschen, Cale spinnt aus dem Georgel und dem Gejaule seine ureigene Kakophonie.
"All That Is My Own" klingt zum endgültigen, wirklichen Abschied noch mal streng nach The Velvet Underground, ist vor allem eine Klangcollage, Nicos ganz eigener "Black Angel's Death Song". "Meet me on the desertshore" haucht die Eiskalte noch einmal drüber, damit der Albumtitel assoziativ Sinn ergibt und sich der Hörer nicht nur auf das Cover-Artwork verlassen muss. Vorne sitzt das Mütterlein auf einem weißen Schimmel in der Wüste, der kleine Ritter führt sie ins Nichts. Hinten räkelt sich die Erzeugerin mutterseelenalleine im sexy Kaftan auf den Dünen.
"Desertshore" und "The Marble Index" sind Nicos größte Vermächtnisse, sie zählen zu John Cales Meisterwerken. Kaufen wollte beide Geschichten aus der Gruft einst niemand. Stilistisch beeinflusste sie Generationen von traurigen Gothicbands des internationalen pubertären Mittelstandes. So authentisch verzweifelt, so ehrlich resigniert, so enttäuscht von der Welt konnten sie alle nur tun. Nico starb 1988, im Alter von 59 Jahren und liegt im Grunewald bis das Moos nicht mehr wächst.
© Laut
Informationen zu dem Album
- 1 Disc(s) - 8 Track(s)
- Gesamte Laufzeit: 00:29:12
- Künstler: Nico
- Komponist: Various Composers
- Label: Domino Recording Co
- Genre: Pop/Rock Rock Alternativ und Indie
2023 Domino Recording Co Ltd 1970 Domino Recording Co Ltd
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