Sébastien Tellier
"Die unglaubliche Wahrheit" nennt der Franzose Sebastien Tellier sein Debütalbum, was als allererstes auf ein gesundes Selbstbewusstsein hinweist. In der Heimat des Künstlers erscheint das Werk bereits 2000, Deutschland muss noch ein weiteres Jahr warten. Schließlich fällt die Veröffentlichung von "L'Incroyable Vérité" in den selben Monat wie das Album "10000 Hz Legend" der weitaus bekannteren Musikerkollegen Air, ebenfalls aus Paris.
Ein Schelm, wer da an Zufälle glaubt. Tatsächlich zeichnen die Herren Nicolas Godin und Jean-Benoît Dunckel höchstselbst als Geburtshelfer des Künstler-Egos Tellier verantwortlich, da dessen Debüt auf Airs Label Record Makers erscheint. Um der eindrucksvollen äußeren Erscheinung Telliers und dessen bizarren Kompositionen eine mediale Plattform zu geben, spielen Air außerdem ihre Trumpfkarte aus und verpflichten den Mann als Support für ihre anschließende Welt-Tournee.
Die Arbeiten am Debütalbum beginnt der bärtige Musiker Ende 1999, zeigt sich bereits nach einem halben Jahr mit den Ergebnissen zufrieden und überzeugt schließlich Quentin Dupieux, besser bekannt als Plüschbanger Mr. Oizo, den Endmix zu übernehmen. Außerdem produziert Dupieux das Video zu "O'Malheur Chez O'Malley", in dem man Tellier dabei zusieht, wie er vergeblich versucht, im Wald zu skaten, bis er sein Board schließlich zweckentfremdet. Auch für eine Tournee kann sich der Rauschebart aufraffen, allerdings belässt er es bei drei schlanken Wochen vor französischem und südspanischem Publikum.
Ob er damals Mitmusiker im Gepäck hatte, ist nicht überliefert, im Studio sind Beihelfer wie Bandmitglieder oder Produzenten jedenfalls überflüssig, denn Tellier legt lieber selbst Hand an. Nur bei den Texten holt er sich mit Mathieu Tonetti einen Partner ins Studio. Das Ergebnis ist ein wildes und anfangs recht verstörendes Sammelsurium aus Gitarren, Samples und allerhand Geräuschen, bei Gelegenheit mit Gesang verziert.
So ähnlich geht es auch auf "Politics" zu, Telliers zweitem Oeuvre, das 2004 erscheint: Sein Falsettgesang sucht sich seinen Weg durch aufgeplusterte Chöre, Jazz-Rhythmen und trippelnde Elektro-Spielereien. Den Hörer beschleicht das Gefühl, entweder dem Werk eines komplett verrückten oder dem eines genialen Querkopfs zu lauschen und nicht nur aus diesem Grunde stellen ihn zahlreiche Album-Rezensenten in die Nähe von Ur-Spinner Zappa. Mit an Bord seiner Band ist mittlerweile auch Afrobeat-Erfinder Tony Allen, ehemals bei Fela Kuti in Lohn und Brot.
Bevor "Politics" standesgemäß wieder parallel zu Airs Album "Talkie Walkie" erscheint, klopft die Air-Begeisterte Sofia Coppola bei Tellier an, um einen Song für den Soundtrack ihres viel beachteten Regie-Zweitlings "Lost In Translation" zu erbitten. Die Entscheidung fällt auf die Nummer "Fantino" vom Debütalbum. Da dürfte sich Tellier mächtig gefreut haben, denn auch das Thema Film ist seit geraumer Zeit sein Steckenpferd. Im Sommer 2002 durfte er den Hauptdarsteller im Streifen "Non-Film" mimen, den erneut Kollege Dupieux verbrochen hat, immerhin ja auch ein Quentin. Und siehe da: Das Ergebnis fand seinen Weg auf das New Yorker Independent Film Festival im August 2002.
Von "Politics" entsteht wegen der großen Nachfrage bereits 2005 eine Neuauflage; Tellier erreicht mittlerweile ein größeres Publikum und tourt mit Kalibern wie Air, Moby, Röyksopp und The Magic Numbers. 2006 veröffentlicht Tellier eine Acoustic Session mit einigen Tracks von den ersten beiden Alben, einem Cover und einem neuen Song unter dem Titel "Sessions".
Sein von Daft Punker Guy-Manuel de Homem-Christo produziertes Album "Sexuality" erscheint in Frankreich auf dem Record Makers Label von Air, ist in Deutschland aber nur als Import bzw. in digitaler Form erhältlich. Auf der Scheibe findet sich auch "Divine", der Track, mit dem Tellier im Mai 2008 beim Eurovision Song Contest in Belgrad antritt.
Weitere Alben heißen "Confection" (2013) oder "L'Aventura" (2014). Auch als Songwriter für andere Musiker*innen tritt Tellier in Erscheinung: Bei Dita Von Teeses selbstbetiteltem Album etwa ist seine Handschrift nicht zu überhören. Auf "Domesticated" (2020) vertont er das Älterwerden und zeigt sich als "Gefangener unserer häuslichen Pflichten".
© Laut
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