Jim Jones
Irgendwann kommt die Zeit, da kann man nicht mehr nur im Hintergrund die Fäden ziehen. Der süße Duft des Stardaseins ist zu verlockend. Und die Vorstellung, es nicht für das Geld, sondern einzig und allein für das Ego zu machen, schmeckt besser als Chrystal und Blunt zusammen. Irgendwann wollte Joseph Jimmy Guillermo Jones II nicht mehr "nur" Label- und Posse-Chef bei den Diplomats sein. Das Rampenlicht hat gerufen und Jim Jones hat geantwortet: "Baaaallllin'".
1976 geboren, gründet Jim Jones Anfang des neuen Jahrtausends mit Buddy Cam'ron Diplomat Records und startet damit eine Bewegung. Die Crew aus Harlem, bestehend aus Cam'ron, Juelz Santana, Hell Rell, J.R. Writer und Freekey Zeekey, will die Szene mit ihren Mixtapes und ihrem eigenen Sinn für Style erobern. Jim Jones agiert dabei als Label-CEO, A&R, Video-Direktor und treibende Kraft in einem. Nicht zu vergessen sind seine Ambitionen am Mic, die ihn von vorneherein nicht nur zum stillen Beobachter, sondern auch zum partizipierenden Teil machen.
Ironischerweise teilt er einen Namen mit dem amerikanischen Sekten-Guru James Warren "Jim" Jones, der in den Siebziger Jahren etwa eintausend Menschen in den Freitod führte. Angesichts des Anfang des neuen Jahrtausends aufkommenden Dipset-Kults darf sich der Rapper Jones etlicher dahingehender Fragen diverser Journalisten stellen. Dem Spaßvogel gefällt der Vergleich natürlich durchweg.
Zwei Jahre nach dem Überraschungserfolg von Cam'rons "Oh Boy" veröffentlicht Jimmy sein Solodebüt "On My Way To Church" (2004), das zwar kommerziell hinter den gewohnten Zahlen zurückbleibt, den selbsternannten Capo aber davon überzeugt, mehr Zeit in der Gesangskabine als hinter dem Schreibtisch zu verbringen. Da kommt das Angebot der Warner Music Group als Direktor der A&R-Abteilung zu arbeiten recht ungünstig. Arbeitstier Jones sieht es gelassen, nimmt den Job an und veröffentlicht nur wenig später das Doppelalbum "Harlem: Diary Of A Summer". Dem nicht genug: Es folgt die Diplomats Klamottenlinie und das überaus erfolgreiche alkoholische Getränk Sizzurp.
Bei all dem Erfolg ist es Jim Jones ein großes Anliegen, Teile des wohlverdienten Geldes in die Gemeinde zurückfließen zu lassen. Er unterstützt etliche Projekte beim Bau von Schulen in ärmeren Gegenden. Dieses Engagement sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich bei Jim Jones um einen harten Hund handelt. Das müssen früher oder später auch einige Kollegen erfahren. Nach dem Split der Roc-A-Fella-Chefs Damon Dash und Jay-Z schlägt sich Jones selbstredend auf die Seite Dashs und beginnt einen Beef mit dem Jiggaman. Er soll nicht der einzige sein, dem Jim ans Bein pinkelt. Es folgen etwa der neue Roc-A-Fella-Spross Tru-Life und 50 Cent-Homie Tony Yayo.
Jones bleibt dank seiner nonchalanten Überheblichkeit zumindest Sieger in der B-Note. Immerhin sprechen wir hier von Jay-Z. Aber Jones braucht sich im ausgehenden Jahr 2006 ohnehin nicht zu beklagen. Die Single "We Fly High" zu seiner neuen Platte "Hustler's P.O.M.E. (Product of My Environment)" avanciert zum Spätsommerhit und halb Amerika gibt den Leitspruch Capos zum Besten: "Baaaallinnn'". Auf Albumlänge behauptet sich Jones das erste Mal als versierter Rapper und läuft dem vor sich hin darbenden Cam'ron den Rang des ersten Dipset-Aushängeschildes zumindest vorläufig ab.
© Laut
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