Havoc
"Havoc und ich hatten dieselbe Leidenschaft und den Willen zum Erfolg, deswegen haben wir uns sofort verstanden. Das ist es, glaube ich, auch, was Mobb Deep so erfolgreich gemacht hat. Weil wir es selbst mit unseren jungen Jahren schon ernst genommen haben. Das war kein Spaß für uns." Eine gewisse Freudlosigkeit kann der Musik des hier zitierten Prodigy und seines kongenialen Partners Havoc nicht abgesprochen werden. Als Mobb Deep kanalisieren sie Erfahrungen, Schmerz und Depressionen in düsteren Eastcoast-Rap, der den Hip-Hop-Sound der 1990er mitdefiniert.
Als Kejuan Muchita wird Havoc im Mai 1974 im New Yorker Bezirk Queens geboren. Sein Vater vermittelt ihm durch seine Tätigkeit als DJ den Zugang zur Musik. Vor allem Soul, Funk und R'n'B der 1970er Jahre erfüllen das elterliche Haus. Muchita besucht die High School of Art and Design in Manhattan, wo er seinen späteren künstlerischen Weggefährten Prodigy kennenlernt. Gemeinsam gründen sie 1992 Mobb Deep. Bereits nach einem Jahr machen sie Nägel mit Köpfen, in dem sie die High Shool abbrechen, um eine Karriere als Vollzeit-Hip-Hopper anzustreben.
Nach ihrem verhaltenen Debüt "Juvenile Hell" legen sie 1995 mit "The Infamous" den Sound des Hardcore-Raps fest. Die Singles "Shook Ones Pt. II" und "Survival Of The Fittest" avancieren zu absoluten Genre-Klassikern. Dennoch plagen Havoc weiterhin Selbstzweifel wie ihr er später der Juice offenbart: "Den Beat zu 'Shook Ones Pt. II' zum Beispiel hätte ich damals fast gelöscht, wenn die Jungs im Studio nicht plötzlich so darauf abgegangen wären."
1996 veröffentlicht Mobb Deep als Vorbote ihres Albums "Hell On Earth" die Single "Drop A Gem On 'Em" als Reaktion auf die Fehde mit Tupac Shakur. Der Mord an dem Westküsten-Star veranlasst das Duo umgehend dazu, den Song aus den Playlisten sämtlicher Radiosender streichen zu lassen. Havoc bringt unterdessen seine Instrumentals auch auf den Alben seiner Kollegen unter. So taucht er in den Credits von "It Was Written" und "Nastradamus" von Nas, "Life After Death" von The Notorious B.I.G. und "Tical 2000: Judgement Day" von Method Man auf.
"Murda Muzik" fährt 1999 mit den Ostküsten-Größen Lil' Kim, Kool G Rap, Raekwon und Nas eine namhafte Gästeliste auf. 2001 folgt mit "Infamy" das fünfte Album des Duos. Drei Jahre später wagen sie sich auf "Amerikaz Nightmare" durch Experimente mit dem für den Moment populären Subgenre Crunk ein wenig aus der Komfortzone.
Havoc bringt weiterhin seine Beats unters Volk und beteiligt sich an der Produktion von "G.O.A.T." von LL Cool J, "Bacdafucup 2" von Onyx, "Kiss Of Death" von Jadakiss sowie der G-Unit-Veröffentlichungen "The Hunger For More" von Lloyd Banks und "The Documentary" von The Game. Die beiden Letztgenannten bilden den Auftakt für den folgenden Künstlervertrag Mobb Deeps bei 50 Cents Label. 2006 erscheint mit "Blood Money" das siebte Album des Duos, das sich zwar als durchaus erfolgreich erweist, aber auch gegen anhaltende Kritik verteidigt werden muss: "Ich schätze unsere Hardcore-Fans sehr. Aber sie reagieren wie Eltern, deren Kinder erwachsen werden."
"Die unterschiedlichsten Leute haben mir die ganze Zeit gesagt, dass ich endlich ein Soloalbum machen soll. Aber ich lasse mich nicht unter Druck setzen. Und ich selbst war von der Idee eines Soloalbums nie besessen – ich war mit den Mobb-Deep-Sachen eigentlich ganz zufrieden", erklärt Havoc 2007 im Juice-Interview. Aufgrund einer längeren Pause des Duos ändert er seine Haltung und veröffentlicht sein Debütalbum "The Kush" über Nature Sounds Records.
Parallel dazu arbeitet er weiterhin an Produktionen für das Who's Who des US-Raps. So hinterlässt der New Yorker seine Spuren auf "Curtis" und "Before I Self Destruct" von 50 Cent, "Blackout! 2" von Method Man und Redman, "Recovery" von Eminem und "The Life Of Pablo" von Kanye West. Abseits von Mobb Deep erscheinen zudem weitere eigene Alben. 2008 veröffentlicht Havoc sein zweites Soloalbum "Hidden Files" über Koch Records. Später folgen "13", "13 Reloaded" sowie "Silent Partner", ein Kollabo-Album mit The Alchemist.
2014 veröffentlicht Mobb Deep ihr achtes Album "The Infamous Mobb Deep". Aus Havocs Sicht scheint die produktive Verbindung zu seinem Rap-Partner unerschütterlich zu sein: "Ich kenne Prodigy schon so lange, dass ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen kann, dass sich das jemals ändern wird." Auch Prodigy gibt sich gegenüber Noisey sicher, Mobb Deep ad infinitum fortzusetzen: "Wir werden das so lange machen, bis die Welt auseinanderfällt. Bis alle Maschinen stillstehen, bis das Studio-Equipment ausbrennt." Doch in Wahrheit läuft die Zeit ab. Im Sommer 2017 stirbt Prodigy im Alter von 42 Jahren.
Sein Tod markiert zwar das Ende Mobb Deeps, doch Havoc möchte das Vermächtnis bewahren. Anfang 2018 stellt er in einem MSNBC-Interview ein weiteres Album des Duos in Aussicht. Auch live gibt er nun in Begleitung von Big Noyd die gemeinsamen Klassiker zum Besten. Doch unabhängig vom weiteren Werdegang bleibt die Liebe zur Musik die Konstante in Havocs Leben: "Auch wenn das langweilig klingt: Das Gefühl, kreativ und frei arbeiten zu können und dabei etwas zu erschaffen, das die Leute mögen – das kannst du mit nichts auf der Welt aufwiegen."
© Laut
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