The Glass Effect (The Music of Philip Glass & Others)

Albumbeschreibung

Rund fünf Jahre ist es her, dass sich Lavinia Meijer, die südkoreanisch-niederländische Harfenistin, und der amerikanische Komponist Philip Glass erstmals begegnet sind – ein Treffen mit Folgen. Sie war fasziniert von seiner Kunst des Repetierens und Reduzierens, er war fasziniert von ihrer Fingerfertigkeit und dem Klang ihrer Harfe. Meijer hat daraufhin seine Klavieretüden studiert und zehn davon behutsam für Harfe eingerichtet – die Auswahl soll exemplarisch die unterschiedlichen Techniken, Farben und Entwicklungsschritte des Komponisten Glass beleuchten. Die zweite Hälfte dieses Doppelalbums enthält vor allem Werke, die auf Glass’ Einflüsse zurückgehen, darunter je zwei Werke von Nico Muhly, Olafur Arnalds und Nils Frahm. Besonders markant sind die „Night Loops“ für Harfe und Elektronik von Ellis Ludwig-Leone.
Insgesamt ein facettenreiches Album, wohl überlegt und so bislang noch nicht im CD-Katalog enthalten. Auch der künstlerische Wert dieser Neuerscheinung ist hoch, vor allem weil Lavinia Meijer die vielen Wiederholungen und scheinbar monochromen Sequenzen nie mechanisch spielt, sondern mit feinen und teilweise feinsten Nuancen ausstattet, etwa in der zweiten Etüde und in „Movement II“ von Bryce Dessner. Die Kunst, in den leisen Regionen unterschiedliche Abstufungen zu finden und diese organisch zueinander in Beziehung zu setzen, beherrscht Meijer souverän. Wie genau sie die Proportionen zwischen Akkorden, Begleitfiguren und dezenten Obertönen auslotet, zeigt sie in den Etüden neun und 18. Man merkt Meijer an, dass sie das Repertoire des französischen Impressionismus, von Ravel bis Satie, genau kennt. So kann sie sich einerseits stilistisch daran anlehnen, andererseits klar distanzieren. Das macht einen der Reize dieser Aufnahme aus. Es ist eine Hommage an Philip Glass und ein Geschenk zu seinem 80. Geburtstag. Meijer trifft dafür jederzeit den richtigen Laudatio-Ton.

© Vratz, Christoph / www.fonoforum.de