Roussel: Évocations, Pour une Fête de Printemps & Suite in F

Albumbeschreibung

Die Musik Albert Roussels macht es dem Hörer selten leicht. Zu den Ausnahmen gehören die durch eine Indienreise inspirierten „Évocations“, eine Art sinfonischer Dichtung, in der Roussel sich in einem üppigen fin-de-siècle-Tonfall mit großen einladenden Gesten an sein Publikum wendet. Hier sind die Schönheiten nicht hinter einem spröden Äußeren verborgen, wie sonst so oft. Auf zwei effektvolle, atmosphärisch orchestrierte Instrumentalsätze folgt ein großes Finale für Solisten und Chor auf einen Text des Kalidasa. Der zu erwartende Exotismus ist nicht allzu dick aufgetragen, lässt sich aber in der Instrumentation und manchen unakademischen Harmonien aufspüren.
Schwachpunkt dieses Konzertmitschnitts ist der stark tremolierende, abgesungen wirkende François Le Roux in seinem substanziellen Baritonsolo, auch der CBSO Chorus aus Birmingham widmet sich seinem Part klanglich bieder und weitgehend ohne Brillanz. Im Orchester steht alles zum Besten, Yan Pascal Tortelier verleiht dem impressionistisch angehauchten Gewebe durch die Fokussierung der Gedanken und die Hierarchisierung der Klangereignisse die nötige Transparenz.
Typischer für Roussel sind die beiden anderen, im Studio aufgezeichneten Werke der CD. Das Prélude der Suite in F ist ein neoklassizistisches Perpetuum mobile, dessen scharfe Kanten von Tortelier geradezu schmerzhaft deutlich modelliert werden. Die graziöse Seite dieses Stils hat bei ihm keine Chance, auch nicht in der Sarabande, deren lange Melodie am Satzbeginn nur kalten Glanz verströmt. Die Dramaturgie von „Pour une fête de printemps“ ist dafür sehr stimmig umgesetzt. Aus den gut herauspräparierten gegensätzlichen Bewegungsimpulsen des Eröffnungsteils entwickelt Tortelier einen starken Sog, der auch über die versonnenen lyrischen Passagen hinwegträgt.

© Friesenhagen, Andreas / www.fonoforum.de