Emanation

Albumbeschreibung

Jazz aus Aserbaidschan, dazu fällt dem Hörer hierzulande gerade mal der Name Aziza Mustafa Zadeh ein, allenfalls noch der ihres Vaters, Vaqif Mustafazade, auf den die heute in Mainz lebende Tochter posthum engagiert aufmerksam zu machen sucht. Tatsächlich gab es in der Hauptstadt Baku schon zu Sowjet-Zeiten eine vitale Jazzszene, deren Protagonisten, allen voran Mustafazade, eine eigene Fusion aus traditioneller modaler Musik (Mugham) und Jazz hervorbrachten, den sogenannten Mugham-Jazz. Auf Mustafazades Einfluss beruft sich auch der klassisch ausgebildete Pianist Shahin Novrasli, der über Mugham-Jazz „den“ Jazz entdeckte und nach Abschluss des Konservatoriums von Bach, Chopin und Rachmaninow auf Bill Evans, Chick Corea und Keith Jarrett umstieg. Er begann zu komponieren und trat im Ausland auf; den Durchbruch brachte ihm das Montreux-Festival 2007. Jetzt konnte er sogar den großen Ahmad Jamal als Mentor und Co-Producer dieses Albums gewinnen. Mit dessen langjährigem Bassisten James Cammack und dem französischen Top-Drummer André Ceccarelli bildet Novrasli hier ein Trio, das in einigen Stücken um Geigenstar Didier Lockwood und einen georgischen Perkussionisten erweitert wird. Wie unterm Brennglas bringt das kürzeste Stück, „Misra Blues“ im Zentrum des Albums, die Tonalität und Metrik kaukasischer Musik im Thema mit einem enorm swingenden Improvisationsteil zusammen. In lauter Eigenkompositionen spannt Novrasli den Bogen von tänzerisch-melodischen Stimmungen über leise insistierende Grooves, die Herrn Jamal Freude gemacht haben dürften („Tittle Tattle“), bis zu weithin improvisierten Erkundungen. Lockwood gibt in zwei Nummern kleine Sprengsel von Gypsy-, Klassik- und Avantgarde-Flair hinzu, Novrasli einmal gar mikrotonal-melismatischen Gesang. Überraschende Grüße vom Schnittpunkt zwischen Ost und West.
© Klostermann, Berthold / www.fonoforum.de