Fly Fly

Albumbeschreibung

Wie diese zierliche Französin solch ein Ungetüm von Instrument bändigt, darüber ist ausgiebig gestaunt worden. Gehört doch das Baritonsaxofon jenseits des Big-Band-Holzbläsersatzes nicht gerade zu den gängigen Instrumenten, erst recht nicht in solistischer Rolle und in weiblicher Hand. Von der europäischen Szene fällt einem gerade mal eine Hand voll Kolleginnen ein, Céline Bonacina ist davon mittlerweile die bekannteste. Ursprünglich Altistin, lernte sie Bariton, um Cello-Suiten von Bach zu spielen. „Der Tonumfang des Bariton“, sagt sie, „ist dem des Cellos sehr ähnlich.“ Schließlich nahm sie das Sopran hinzu, Hauptinstrument aber bleibt das Bariton. Am Konservatorium klassisch ausgebildet, im Jazz Autodidaktin, unterrichtete sie nach Mitarbeit in Pariser Big Bands einige Jahre lang auf La Réunion. All dies hat hörbare Spuren in ihrer Musik hinterlassen. Vor gut zehn Jahren gewann sie den Gitarristen Nguyên Lê als Mentor, der jetzt, auf ihrem fünften Album, den Mix übernahm. Zu ihrem aktuellen Trio mit dem höchst gefragten kanadischen Kontrabassisten Chris Jennings, der auch einige Stücke mitbringt, und Drummer Jean-Luc Di Fraya gesellt sich mit Linien und Klängen, die schon mal an Lê erinnern, der Gitarrist Pierre Durand. In federnden Rhythmen und rufartigen Vocal-Parts klingt La Réunion wohl noch nach; zusammen mit orientalisch gefärbten Sopran-Linien („Still Running“), High-Life-Patterns von Durand und Saz-Klängen von Jennings schaffen sie ein gewisses Weltmusik-Flair. Bonacinas Bariton kann singen und grooven, knarzen und hupen – die Ausdruckspalette der Saxofonistin ist breit, ihre Musik höchst sympathisch.
© Klostermann, Berthold / www.fonoforum.de