Hawkwind
Am bekanntesten dürften Hawkwind sein, weil sie als letztes Trampolin für Ian Fraser aka Lemmy Kilmister dienten. Als sie den Bassisten 1975 rauswerfen, schnappt er sich den Titel des letzten Songs, den er für sie geschrieben hatte, und gründet seine eigene Band, Motörhead. Ein Vorgang, der Tradition hat, denn wahrscheinlich hatten Hawkwind mehr Mitglieder als Lemmy Jack Daniel's-Flaschen geleert hat. Dennoch blicken sie auf eine bewegte Geschichte zurück, die fünf Jahrzehnte umspannt.
1969 gründet Dave Brock (Gitarre, Synthetizer) mit Nik Turner (Saxophon), Michael 'Dik Mik' Davies (Elektronisches) und weiteren drei Kumpels eine noch namenlose Band, die ohne besonderen Plan an einem Talentwettbewerb teilnimmt. Im Publikum steht John Peele, der dem Veranstalter nahe legt, die Truppe im Auge zu behalten. Prompt bietet er ihr einen Plattenvertrag an.
Den Namen verdankt die Band ihrem Saxophonisten Turner, der sich ständig räuspert ("hawking") und viel furzt ("wind"). Entsprechend fällt der Erfolg ihres selbstbetitelten Debüts (1970) aus. Ihre Mischung aus Rock und psychedelischen Atmosphären (Codename: Space Rock) kommt auf Festivals nichtsdestotrotz gut an. Das zweite Album "In Search Of Space" schafft es 1971 sogar in die britischen Top 20.
Das Personalkarussell dreht sich bereits fleißig. Nach einigen Ausstiegen stößt der Underground-Journalist Robert Calvert hinzu, der den Posten am Mikrophon übernimmt. Mit dem Sci-Fi-Autor Michael Moorcock beginnt eine langjährige Zusammenarbeit. 1971 steigt auch Lemmy ein. Im Juni 1972 veröffentlichen Hawkwind das Single-Release "Silver Machine" mit dem sie innerhalb der britischen Singlecharts den beachtenswerten dritten Platz und nationale Bekanntheit erlangen.
Nur fünf Monate später erscheint der Meilenstein "Doremi Fasol Latido" und läutet die erfolgreichste Phase der Band ein, auch wenn Calvert und Dik Mik 1973 nach der "Space Ritual"-Tour aussteigen. Während der Tour zum 1975er-Album "Warrior On The Edge Of Time" wird Lemmy an der kanadischen Grenze mit Amphetaminen erwischt und landet kurz im Knast, was ihm die Kündigung einbringt. Auch Turner verliert seinen Arbeitsplatz. Dafür steigt Calvert wieder ein und beschert Hawkwind mit "Astounding Sounds, Amazing Music" 1976 eines ihrer besten Alben.
Doch der Sänger hat schwere psychische Probleme, was 1978 dazu führt, dass das einzige verbliebene Gründungsmitglied Brock die Band auflöst und vorübergehend als Hawklord weiterführt. Als sie 1979 unter altem Namen wieder zusammenkommt, ist kurz Ginger Baker mit von der Partie. Trotz aller Wechsel headlinen Hawkwind 1981 das Glastonbury Festival und spielen auch bei Monsters Of Rock.
In den 80er und 90er Jahren folgen eifrig Alben, Auftritte und Mitgliederwechsel, wobei Brock die einzige Konstante bleibt. Es ergeben sich immer wieder Verbindungen mit den deutschen Kollegen von Amon Düül II, die sie Mitte der 80er Jahre aus Jux auf Plakaten in ihr Vorprogramm nehmen. Auf der Bühne stehen sie dann doch nicht zusammen. 1988 nimmt Calvert mit Düül-Mitgliedern das Album "Die Lösung" auf, das auch sein letztes ist: Während der Sessions stirbt er an einem Herzinfarkt.
2000 kommt es unter dem Namen Hawkestra zu einer Reunion von etwa zwanzig ehemaligen Mitgliedern und verschiedenen Gästen, die zur Veröffentlichung von "Epocheclipse – 30 Year Anthology" in der Londoner Brixton Academy gemeinsam auftreten. Bezeichnenderweise bricht danach ein langjähriger Streit um die Verteilung der Tantiemen aus, der sowohl das alte Material als auch die Aufnahme des Gigs betrifft. Der Mitschnitt kommt nie auf den Markt.
In den folgenden Jahren existieren zwei bitter verfeindete Bands gleichzeitig: Hawkwind mit Dave Brock und xhawkwind.com mit Furzer Nik Turner, die sich nach einem verlorenen Rechtsstreit in Space Ritual umbenennen. Beide zählen ehemalige Hawkwind-Mitglieder in ihren Reihen, nehmen Platten auf und gehen auf Tour.
Die Hauptbesetzung um Dave Brock bleibt an allen Fronten fleißig und ruft in Devon unter anderem die hauseigenen Festivals Hawkeaster und Hawkfest ins Leben. Mit letzterem zelebrieren Hawkwind 2010 ihr 40-jähriges Bandjubiläum. 2007 verlässt Langzeit-Bassist Alan Davey die Band erneut und macht den Platz frei für Jonathan Darbyshire aka Mr. Dibs, der bis 2018 als Basser, Gitarrist und an den Electronics für die Band tätig ist.
Nach dem Release der beiden Studioalben "Onward" und "Stellar Variations" (als Hawkwind Light Orchestra) in wechselnden Line-Ups pendelt sich im weiteren Verlauf des neuen Jahrtausends eine Doppelbesetzung am Bass ein. Mit Haz Wheaton und Niall Hone (unter anderem Crippled Black Phoenix) an den Tieftönern erscheint 2016 ein neues Album unter dem Namen "The Machine Stops". Auf dem 2017er-Nachfolger "Into The Woods" ist Hone dann schon wieder nicht mehr mit dabei. Im Mai 2018 verlässt auch Haz Wheaton die Space Rocker in Richtung Electric Wizard. Wie es sich für ein ordentliches Karussell gehört, steigt Hone direkt wieder auf.
Im Herbst 2018 erscheint "Road To Utopia". Auf diesem Album befinden sich orchestrale Neueinspielungen älterer Stücke aus den 70ern. Trotz eines Gastbeitrages von Mr. Slowhand Eric Clapton erntet das Album deutlich zurückhaltende Kritiken. Zum 50-jährigen Jubiläum veröffentlichen die Hawks ihr 32. Studioalbum "All Aboard The Skylark", auf dem sie sich wieder verstärkt ihrer Wurzeln besinnen, 2022 folgt das Live-Album "We Are Looking In On You". Kurz nach dessen Release Ende Oktober wird bekannt, dass Gründungsmitglied Nik Turner im Alter von 82 Jahren gestorben ist.
Die Motivation hinter dieser Band? "Wir begannen, um Freaks (Tripper) zum Ausrasten zu bringen. Jetzt versuchen wir, ihren Verstand und ihren Geist auf freundliche Art vollständig durch audiovisuelle Mittel und ohne Acid zum Schweben zu bringen. Wir verwenden dazu einen Komplex aus elektronischen Geräten, Lichtern und sonstigen umgebenden Erfahrungen", erklären Hawkwind ihren spacigen Ansatz zementierend. Einmal Weltraum, immer Weltraum. In dieser futuristischen Logik schieben sie Mitte 2023 die neue Studioplatte "The Future Never Waits" nach.
© Laut
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