Sergio Azzolini
Eine strahlende Persönlichkeit, ein wahres Phänomen am Fagott: Der fantastische Musiker und Virtuose Sergio Azzolini wurde 1967 in Bozen nahe der österreichischen Grenze geboren, begann dort mit dem Studium des Fagotts und perfektionierte sich später in Hannover bei Klaus Thunemann. Gleichzeitig spielte er Solo-Fagott im Jugendorchester der Europäischen Union. Von seinem Instrument und dessen verschiedenen historischen Bauweisen fasziniert, sammelt er Fagotte aus unterschiedlichen Epochen und wechselt mit einer erstaunlichen Leichtigkeit, je nach der Musik, die er gerade spielt, von einem Instrument zum anderen.
Er ist in barocken Ensembles sehr gefragt und spielt regelmäßig mit dem Ensemble Baroque de Limoges von Christophe Coin, aber auch mit L‘Aura Soave aus Cremona, mit Sonatori della Gioiosa Marca sowie mit La Stravaganza aus Köln. Sergio Azzolini hat als Dirigent verschiedene Opernproduktionen dirigiert wie etwa La Fida ninfa von Vivaldi, Nozze di Dorina von Galuppi, Montezuma von Graun und Die Hochzeit des Figaro von Mozart. Mit seinem zerzausten Haar, den unförmigen Anzügen und seiner ungeheuren Virtuosität bringt der italienische Musiker das sonst so zurückhaltende Fagott ins Rampenlicht: ergreifend, überschwänglich und poetisch zugleich.
Antonio Vivaldi wusste, was er tat, als er fast 50 Konzerte für dieses Instrument komponierte und dessen tiefe Melancholie zum Vorschein brachte. Die Hälfte dieser Werke sind übrigens in Molltonarten geschrieben, was in der Musik des eher optimistischen „rothaarigen Priesters“ selten vorkommt. Sergio Azzolini und das Ensemble L’Aura Soave aus Cremona haben sich die Gesamtaufnahme dieser Werke für das Label NAÏVE zur Aufgabe gemacht. Auf den ersten bereits erschienenen CDs wird uns Vivaldi in einer großen ausdrucksvollen Tiefe präsentiert.
Sergio Azzolini hat noch andere schöne Überraschungen für uns bereit: zwei Alben, die den Konzerten von Carl Philipp Emanuel Bach, einem der liebenswertesten und zugleich leidvollsten Komponisten des 18. Jahrhunderts gewidmet sind. Und welch ein Wunderwerk ist erst das Konzert für Fagott in B-Dur von Mozart. Im ersten Satz spöttisch und virtuos, im darauf folgenden Andante herzzerreißend, lädt das Fagott schließlich im Rondo Finale in Form eines Menuettes zum Tanz. Man sagt, Mozart habe noch weitere Fagott-Konzerte geschrieben, die heute unauffindbar sind. Es wäre wohl an der Zeit, in den Bibliotheken etwas aufzuräumen… Sergio Azzolini zaubert auf einem Instrument aus der Zeit Mozarts (1790) einen der menschlichen Stimme sehr nahen, samtigen Klang hervor.
Sergio Azzolini spielt regelmäßig mit dem Bläserensemble der Klarinettistin Sabine Meyer, dem Trio Maurice Bourgue und mehreren Ensembles mit historischer Aufführungspraxis. Er unterrichtet an der Musikakademie in Basel Fagott und Kammermusik.
François Hudry / QOBUZ / November 2017
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