July Talk
Als Peter Dreimanis anno 2012 nach der Europa-Tour mit seiner Band wieder zurück in der kanadischen Heimat Toronto angekommen ist, sitzt er eines abends ahnungslos in einer West-End Kneipe, als er unverhofft auf Leah Fay und damit sein musikalisches Pendant trifft. An der herumgereichten Gitarre verzaubert Fay den ergriffenen Dreimanis, der mit seiner rauen Bariton-Stimme in die Session nur so hereinbricht. Wie in einer atypsichen Romantik-Komödie sucht er daraufhin am nächsten Tag seine Cinderella auf, die in jener Nacht ihre Handynummer partout nicht rausrücken wollte.
"Er war wie ein Wirbelsturm und konnte nicht still sitzen. Er klang wie ein 60 Jahre älterer Mann." erinnert sich später die Gesangspartnerin. Doch auch dem Haudegen hat sich die magische Nacht, die ihrem Leben eine schicksalhafte Wendung gibt, noch ins Gedächtnis gebrannt: "Ich habe sie singen gehört und sie klang so ungekünstelt. Sie hat nicht versucht jeden im Raum auf ihre Stimme aufmerksam zu machen. Sie sang wie sie redete; selbstbewusst und ruhig."
Drehbuchreif zeigt sich auch die in der Folge fruchtende musikalische Zusammenarbeit unter dem Namen July Talk und ruft irgendwie gleichermaßen die boy meets girl-Story auf den Plan. Auch wenn man sich mit Ian Docherty an der Gitarre, Josh Warburton am Tieftöner und dem Schlagzeuger Danny Miles verstärkt hat, sticht das charismatische und skurrile Paar hervor. Unter den Neulingen im Bandverbund finden sich alte Bekannte Peters. Danny Miles ließ schon jahrelang die Sticks in Peters Combo kreisen und auch den ortsansässigen Docherty schätzte der Sänger bereits vorher. Josh Warburton ist derweil auch als Filmemacher tätig und trägt das Interesse für filmische Projekte an die Band.
So drehen July Talk einen Kurzfilm zu ihrem Song "Summer Dress", der avantgardistische Schwarz-Weiß Bilder zu impulsiven Live- Auftritten zeigt, aber auch anderen Szenerien einarbeitet.
Die bellende Tom Waits-Stimme des Sängers reitet und krakehlt auf den kratzigen Blues-Rock-Ballustraden. Unterstützung erfährt dies vom besänftigenden Organ der introvertierten Fay. Im Kontrast und der Reibung dieser Stile liegt die Signifikanz ihrer ungewöhnlichen Klangfarbenmixtur. Der Dandy vom Land und das feine unscheinbare Fräulein aus der Stadt.
Auf ihrem im Herbst 2013 erscheinenden Debüt fabrizieren sie trotzig bis experimentellen Indie-Rock, gepaart mit Americana-Anleihen und ausgefransten Synthie-Teppichen.
In Kanada haben July Talks damit schon die ein oder andere Hürde genommen und sind im März 2014 nach Tourneen mit Billy Talent, Matt Mays, Weezer, Arkells und Sam Roberts, als bester Durchstarter für den Juno Award neben Bands wie Arcade Fire nominiert. Danach macht sich die Band mit einer imposanten Bühnenpräsenz einen Namen: Fay klettert herum, hängt sich an Decken und pogt, dass es kracht. Der Anlass ihrer Ausraster ist die bei der ersten Probe empfundene Unbeholfenheit, ohne Gitarre dazustehen. Außerdem beinhalten die eruptiven Live-Auftritte auch künstliches Blut, verschütteten Wein und rein männliche Wet T-Shirt-Wettbewerbe.
Auf der Bühne gelten schließlich andere Gesetze, wie Peter zu berichten weiß: "wir lassen die Show eine eigene Seele haben. Wir halten inmitten des Wirbelsturms einfach nur Händchen."
© Laut
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