Evenings At The Village Gate: John Coltrane with Eric Dolphy (Live)

Albumbeschreibung

Immer wenn bisher unveröffentlichtes Material von John Coltrane entdeckt wurde, konnte man dies als großes Ereignis feiern. Auch Evenings at the Village Gate stellt ein unverzichtbares Hörerlebnis dar, bei dem Coltrane und seine großartige Band von Eric Dolphy begleitet werden. Das Album wurde 1961 in dem berühmten Club in Greenwich Village mit nur einem einzigen Mikrofon aufgenommen. Der Produzent und Tontechniker Rich Alderson testete das Soundsystem und ein neues Mikrofon, ohne die Absicht, eine LP aufzunehmen. Die instrumentale Balance auf den ausgegrabenen Bändern ist nicht makellos, aber das ist nur eine Spitzfindigkeit: der Gesamtklang und der Raumklang sind stimmig, während die Musik überwältigt! Coltranes Arbeit veränderte sich in den frühen 60er-Jahren: Er integrierte indische und afrikanische Einflüsse, vereinfachte sie gelegentlich (in Bezug auf die Wechsel oder harmonischen Strukturen) und erweiterte sie (indem er lange forschende Soli spielte) und er versah die Klängen mit einem immer tieferen spirituellen Gefühl. Dolphys Liebe zum Vogelgesang wird während eines ausgedehnten Flöten-Parts im Opener My Favorite Things deutlich und Coltranes Sopransaxophon-Solo erhellt die Welt bis zum Himmel, wenn es immer weiter an Intensität zunimmt. Während die Bläser sich in die Lüfte erheben, ist Elvin Jones' vielschichtiger Swing im Walzertakt die treibende Kraft. Mit When Lights Are Low, das von Benny Carter und Spencer Williams in den 1930er-Jahren komponiert wurde, erinnert die Band zunächst an diese vergangene Zeit. Aber Dolphys Bassklarinette begibt sich schon bald an wundervoll fremde Orte. Coltranes Sopransolo ist kurz gehalten, und McCoy Tyners anmutig geformte Klavierlinien sind vergleichsweise geradlinig. Der Fokus liegt hier ganz klar auf Dolphy. Zu der Zeit, als diese Aufnahmen entstanden, setzte Coltrane in seinen Besetzungen gelegentlich zwei Bassisten ein. Auf dem 22 Minuten langen Africa gibt es einen längeren Abschnitt mit den Bassisten Reggie Workman und Art Davis. Der eine Bass sorgt für einen hypnotischen Puls, während der andere im Laufe eines ausgedehnten Solos verschiedene Klangfarben und Einsätze liefert. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie Coltrane seine Bandkollegen dazu ermutigte, über sich hinauszuwachsen. Der Höhepunkt des Albums liegt bei Impressions. Coltranes Spiel ist bemerkenswert, ein tief konzentrierter Ansturm von Noten, der von Anfang bis Ende von einer suchenden Intensität geleitet wird. Dolphys Bassklarinette macht genau dort weiter, wo Coltrane aufhört, und Tyner folgt mit einem weiteren ausgezeichneten Klaviereinsatz, der die Aussagen der Bläser auf relativ gelassene Weise ergänzt. Dieses Werk ist für die Ewigkeit bestimmt!  © Fred Cisterna/Qobuz