Bastille
Noch kein Album veröffentlicht, aber schon den legendären Londoner Koko-Club mit 1.500 Zuschauern restlos ausverkauft? Einzig eine Hand voll Songs aufgenommen, damit zwei UK-Touren gespielt und sich auf diversen englischen Festivals wie dem Glastonbury und dem Isle Of Wight vorgestellt? Was zunächst aberwitzig klingt, ist 2012 Realität für Bastille.
Hinter dem englischen Musikprojekt steckt eigentlich nur eine Person: der Singer/Songwriter Dan Smith. Den Künstlernamen Bastille legt er sich zu, weil sein Geburtstag passenderweise auf den "Bastille Day" fällt, wie man den französischen Nationalfeiertag in Großbritannien nennt.
Dem kreativen Schaffen frönt Smith bereits lange vor seiner Bastille-Zeit: Unter dem Titel "Other Peoples Heartache" veröffentlicht er Mixtapes, die ihn sofort an die Spitze der englischen Hipster-Hypemachine katapultieren.
Allerdings beginnt die jüngere Erfolgsgeschichte erst damit, dass Smith im Sommer 2011 die zwei Stücke "Flaws" und "Icarus" in Eigenregie unter die Leute bringt. Eine vier Tracks starke "Laura Palmer EP" folgt später. Aufgrund dieser Referenzen verkündet die EMI im Dezember desselben Jahres stolz, ihn auf dem Sublabel Virgin Records unter Vertrag genommen zu haben.
Damit erschließen sich ihm endlich größere Produktionsmöglichkeiten als das eigene Schlafzimmer, in dem er bisher geschrieben, aufgenommen und gemischt hat. Oder? Denkste! Die Arbeiten zum ersten Album bewerkstelligt Smith ebenso allein in seiner Kammer, wobei ihm dieses Mal Produzent Mark Crew zur Seite steht.
"Im Prinzip haben wir in einem Studio von der Größe eines Schranks gearbeitet, ein Extrem kam zum anderen", so Smith. Lediglich für die späteren Streicher-Aufnahmen gönnt man sich einen Tag in der altehrwürdigen Abbey Road-Tonfabrik.
"Für die Produktion wollte ich unbedingt eine epische Instrumentierung mit Texten von intimen Geschichten oder Unterhaltungen kombinieren", zeigt sich das Multitalent von den Arbeiten zum ersten Album beeindruckt.
Als das Debüt "Bad Blood" im März 2013 endlich erscheint, steigt es sofort auf der Pole-Position der UK-Charts ein. Die mitsingbaren Synth- und Indiepop-Hymnen finden schnell ihren Weg in die Radio-Rotationen. Der schlagartige Erfolg freut nicht nur Dan Smith, sondern auch seine drei Musiker-Freunde, die das Projekt inzwischen auf der Bühne vervollständigen: Will Farquarson am Bass, Kyle Simmons an den Keys und Chris Wood an den Drums.
In Sachen Kreativität gibt der Wahl-Londoner die Zügel jedoch nicht aus der Hand. Die größte Inspiration schöpft das Mastermind vor allem aus visuellen Eindrücken des amerikanischen Filmemachers David Lynch. Nicht zuletzt deswegen hat er dem Charakter Laura Palmer aus der Lynch-Serie "Twin Peaks" eigens einen Song gewidmet. Dank seiner crossmedialen Begabung versteht sich Smith nicht nur als Musiker. Seine Videos, wie das zu "Flaws/Icarus", konzipiert er ebenfalls allein.
Für den Nachfolger "Wild World" (2016) lässt er sich Zeit und schreibt eine ganze Menge Songs. "Zusammen mit den Mixtapes haben wir fast zwei oder drei Nachfolge-Alben aufgenommen. Wir sind in dunkleren R'n'B und härtere Gitarrensachen eingetaucht und haben uns so wieder erinnert, was uns an Bastille am Anfang so fasziniert hat", erzählt Dan Smith zu den Arbeiten am "Bad Blood"-Nachfolger.
Ganze drei Jahre später veröffentlichen die vier Briten mit "Doom Days" ihren dritten Longplayer. Laut Frontmann Smith handelt es sich quasi um ein Konzeptalbum mit dem Slogan "apocalyptic party album".
Die Handlung dreht sich um eine Partynacht mit all ihren Höhen und Tiefen, doch auch ernstere und vor allem gesellschaftskritische Töne schlägt die Band an. Die Produktion fällt dabei etwas zurückhaltender aus als bei den Vorgängern.
Dan Smith, der im Teenie-Alter Autor, Journalist oder Regisseur werden wollte, hat über den Umweg Musiker längst das erreicht, wovon er immer geträumt hatte: Sich nicht nur in Ton, sondern auch in Wort und Bild gänzlich selbst zu verwirklichen.
© Laut
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