Sfumato

Albumbeschreibung

„Sfumato“ hat er selbst produziert, es ist das erste Werk seiner neuen Wunschtruppe, und gleich in den ersten zwei Minuten ertönt jener warme Ton aus dem Südwesten, der jene „Chicken Skin Music“ erzeugt, von der Ry Cooder spricht. Emile Parisien ist der Fackelträger, der seinen magischen Sound des Sopransaxofons weiterträgt – in der Nachfolge von Sidney Bechet, Johnny Hodges, Steve Lacy, John Coltrane, Wayne Shorter und Evan Parker. „Préambule“ hat etwas von einer feierlichen Eröffnungshymne, einem „Love is all you need“ – aber dann geht’s in medias res: „Poulp“ entführt in jene bizarre Science-Fiction-Welt, die Emile immer mit seinem früheren Quartett entwarf. Überraschende Schnittwechsel wie im Film, jedoch in Echtzeit gespielt.
Fast vierzig Jahre älter als Emile ist sein neuer Pianist, ein gewisser Joachim Kühn. Weil im Französischen le complice ein positiver Begriff ist, kein krimineller, hat diese deutsch-französische Freundschaft eine besondere Dimension. Die erste Halbzeit krönt eine dreisätzige Suite über einen Killerclown auf ́nem Rummelplatz, ein Fall für Kurt Wallander, noch vom alten Parisien-Quartett konzipiert. Schon rückt Michel Portal mit seiner Bassklarinette an, mit ihm gibt Emile (ohne seine Detektive) bisweilen kurzweilige Duette. Ach ja, der Titel des Albums, „Sfumato“: eine Maltechnik der Renaissance, weich, rauchig, verschwommen, berühmtestes Beispiel die Mona Lisa. Leonardo sprach von Rauch, der durch alle Ritzen dringt, etwas, das keine Grenzen hat. „Arome de l’air“ stammt von Kühn und hat jenes Feeling, wenn nach stundenlangem Flug endlich angekommen die Türen aufgehen. Ah, l’Afrique! Wieder fliegt Codjias Gitarre hoch wie ein bunter Drachen.

© Lippegaus, Karl / www.fonoforum.de