Brahms: Ballades & Fantasies

Albumbeschreibung

Seine Haydn-Sonaten überzeugen durch Brillanz und eleganten Spielwitz, die Konzerte von Tschaikowsky und Grieg präsentiert er mit frischer Verve ohne Routine, hoch virtuos und formstreng – der 30-jährige Denis Kozhukhin widmet sich nach der klassischen Sonate und großen romantischen Konzerten der Klaviermusik Brahms’, und er kann mit der wiederum vollkommen anderen Sprache des Norddeutschen erneut punkten.
Kozhukhin, Preisträger des Brüsseler Königin-Elisabeth-Wettbewerbs von 2010, zeigt ein weiteres Mal, dass er sich sorgfältig einem Komponisten widmet, dessen spezifische Sprache erspürt und sie mit seiner ganz individuellen Art des Klavierspielens, das durch farbenreichen Anschlag und ein großzügiges, klanglich frei strömendes Musizieren besticht, in Einklang bringen kann.
Dies sind beste Voraussetzungen für die dramatisch-kühnen Variationen op. 16b. Unerbittlich gemeißelt intoniert Kozhukhin das Thema und führt es von Variation zu Variation in immer neue Ausdruckswelten. Es zeugt schon von pianistischer Extraklasse, wie er hier schmerzlich grollende Bassgänge der linken mit den bittersüß leuchtenden Figuren der rechten Hand in ein aufregendes Spannungsverhältnis bringt. Nicht minder subtil gelingen ihm die rhetorisch eindringlichen Balladen und die intime Atmosphäre der späten Fantasien. Vielleicht hat Swjatoslaw Richter den Brahms-Ton mit einem noch tiefer schürfenden, durchglühten Spiel zu treffen vermocht, aber Kozhukhin ist diesem Ziel ganz dicht auf der Spur.
Seine Brahms-Sicht deutet nie in nur eine Richtung, sondern changiert in vielen expressiven Farben. Wie er die schlichte Melodie der vierten Ballade mit volksliedhaft-sinnlichem Begehren eines Liebesliedes aufblühen lässt und dabei gleichzeitig durch die Töne einen zarten Trauerflor webt, zeigt das große Verständnis des Pianisten für die komplexe Gefühlswelt des Komponisten.

© Siebert, Frank / www.fonoforum.de