Christa Ludwig
Echter Wiener Charme - Stil und Temperament in einer Person. Diese große Mezzo-Sopranistin, die sich bei Mozart und Strauss besonders zu Hause fühlt, hat auf der Bühne und im Plattenbereich fast fünfzig Jahre lang brilliert. Ihr Vater war ein Tenor, ihre Mutter auch eine berühmte Mezzo-Sopranistin, die in Aachen unter der Leitung Karajans Fidelio, Elektra oder Azucena sang. Diese war ihre erste Gesangslehrerin und ihr hat Christa Ludwig es zu verdanken, dass sie sofort wusste, was zu tun und was zu unterlassen war. Ihr Debüt macht sie im Alter von 18 Jahren in Wiener Operetten, und wie es zu jener Zeit gang und gäbe ist, tritt sie dann in immer größeren deutschen Theaterhäusern auf. Im Jahre 1955 wird sie an der Wiener Staatsoper aufgenommen, und zwar mit dem an deutschen Spielhäusern verliehenen und angesehenen Titel der Kammersängerin.
Als kleines Mädchen träumte sie davon, unter der Leitung von Karajan die Rolle der Leonore (Fidelio) zu singen, wie ihre Mutter, die sie auf der Bühne erlebte; ab 1962 tut es auch, aber aufgrund dieser äußerst schwierigen Rolle (Beethoven verstand es nicht, für Stimmen zu komponieren) leidet sie dann ihr Leben lang an entsetzlichem Lampenfieber. Später gestand sie einmal, an einem Abend sechs Valium-Tabletten vor ihrem Auftritt geschluckt zu haben…
Christa Ludwig bereitete sich wie eine Bühnen- oder Filmschauspielerin immer psychologisch sorgfältig auf ihre Rollen vor, die sie zu singen hatte, denn sie schlüpfte gerne in die Rolle ihrer Heldinnen. Sie fühlte sich bestimmten Charakteren sehr nahe, zum Beispiel der unglücklichen Färberin (Die Frau ohne Schatten, Strauss), die sich gegen ein unnützes und steriles Leben wehrt und nicht davor zurückscheut, ihren Schatten zu verkaufen, bis sie der Welt mit größerer Heiterkeit und Liebe begegnet.
Christa Ludwig übernimmt auch noch andere Rollen, in denen sie sich ganz und gar auf dem richtigen Platz fühlt: Brangäne (Tristan und Isolde), Ortrud (Lohengrin), Kundry (Parsifal). Die große Interpretin von Wagneropern fühlt sich jedoch in Bayreuth nicht wirklich wohl; ein Ort voller unerwünschte Geister, wie ihr scheint. Die recht humorvolle Christa Ludwig sagt oft, dass sie in ihrem Leben drei Männer hatte, drei Dirigenten, mit denen sie gern zusammengearbeitet hat: Karl Böhm, der ihre Stimme vollkommen verstand, Herbert von Karajan, der ihr beigebracht hat, wie schön eine Phrase sein kann, und Leonard Bernstein, der in ihren Augen ein Genie war und der einzige Kollege, dessen Tod sie wirklich zum Weinen gebracht hat.
Christa Ludwig war Opernsängerin und gleichzeitig interpretierte sie auf wunderbarste Art Lieder in zahlreichen Konzerten und Platteneinspielungen. Ihren Abschied von der Bühne nahm sie 1994 in der sehr gefürchteten Rolle der Klytemnestra in Elektra, der Oper ihres geliebten Richard Strauss, der auch ein „Mann ihres Lebens“ war. © François Hudry
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