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Schon mal eine akustische Ansichtskarte aus dem Klach D'Kel Brakt bekommen? "Cancer For Cure" dürfte dem ziemlich nahe kommen. El-P hält sich dort schließlich nicht als Rucksacktourist auf: "You cannot throw me in the briar patch, bitch. That's where I live." Wie schwarze Tentakel ringeln sich seine Beats aus den Lautsprechern, einzig und allein darauf aus, sich alles und jeden zu greifen, zu strangulieren und mit sich in unendliche, unendlich unfrohe Weiten zu reißen. Nein, ein Osterspaziergang wird das nicht.
Der ist allerdings auch nicht zu erwarten, wenn der Mann hinter dem bedauerlicherweise in die ewigen Jagdgründe eingegangenen Label Definitive Jux über Regler und Mic gebietet. Schon eher ein Ausflug in klaustrophobische, stockfinstere, unheilschwangere Endzeitstimmung - zumal El-P sein Album seinem 2008 vom Lungenkrebs dahin gerafften Kollegen Camu Tao widmet.
"Those who know lust trust the flow is disgust touch / Producto back rap rush, you'll notice the lad crush / I'm potent, intact, a black hearted and lunged up / Tarded and touched, plus designer of funk rust / Oh, El is back on that shit, huh?"
Genau, huh! Schon nach den allerersten verrauschten Tönen besteht kein Zweifel mehr: Böses braut sich zusammen, eine beklemmende Atmosphäre senkt sich übers Land, noch ehe ein scheppernder Gitarrenton quer durch die Szenerie bratzt und der Beat lospumpt, maschinell, industriell, treibend.
Gude Laune, Alter? Nix. "Request Denied". El-P kredenzt stattdessen dominante Drums, hinter denen sich Orgeltöne und fiepsige Elektronik mehr erahnen als konkret ausmachen lassen. In der Vorstellung des Hörers sind dunkle Bilderwelten längst halbdutzendweise übereinander gestürzt, ehe er auch nur zu rappen anhebt.
Den Bruch mit eingefahrenen Hörgewohnheiten erhebt El-P seit jeher zur Pflicht, spielt Katz-und-Maus mit Erwartungen. Inhaltlich wie musikalisch mähen Maschinengewehrsalven die "fields of golden dandelions" nieder. Hypnotisch wälzt sich "The Full Retard" in die Gehörgänge, zermalmt Nackenwirbel zu Feinstaub.
Zwischen den unzähligen Schichten der Beats richtet El-P seiner kultivierten Paranoia reichlich Versteckmöglichkeiten ein. Sein zweiter ständiger Begleiter: rasende Ungeduld. "I got memories to lose, man, I'm in a rush!" Wattiger, runder tönt "Works Every Time", jedoch keine Hand breit versönlicher.
"Be quiet, they're hunting now. The method is awesome." Nicht nur die, auch El-Ps Methode, zwischen "Drones Over BKLYN" mitten "in the fog of fright night" auch noch eine Spur Dancehall abzufeuern, den Geist der Oldschool herauf zu beschwören, ein klimperndes Klavier, einen kläffenden Köter unterzubringen. Sirenen einsamplen kann jeder. El-P geht subtiler vor, verwendet, gespenstischen Chören gleich, verwehte Sounds, die das Martinshorn lediglich in der Phantasie seines Publikums blasen.
Diese fordert El-P auch diesmal wieder, wenn er sich - alleine oder in Gesellschaft - als Erzähler drehbuchreifer Szenarien entpuppt. In "Tougher Colder Killer" schreibt ein Mörder an die Mutter seines Opfers. Despot und Killer Mike - "the other insane psycho sick savage raw rap rhyme motherfucker" - teilen den Versuch, sich mit dem zweifelhaften Argument "Es gibt noch viel üblere Typen da draußen als uns" von Reue und Schuldgefühlen reinzuwaschen.
"Tell me who sent you here, your real name, who's your leader?", verlangt ein offensichtlich schwer beziehungsgestörter Erzähler in "The Jig Is Up" zu wissen. Er kapselt sich ab, verschließt sich jeglicher Zuwendung, frei nach Groucho Marx: "I wouldn't want to be a part of any club that will have me."
Die Unfähigkeit, mehr noch, der absolute Unwille zum Glück manifestiert sich, wohin man schaut. Etwa wenn in "For My Upstairs Neighbor" hinter dem sägenden Beat, der sich in Schädel und Knochenmark frisst, die zweifellos an eine Zeitbombe gekoppelte Uhr tickt. Der Verfolgungswahn treibt stinkende, schwarze Blüten in Hülle und Fülle.
Spätestens beim abschließenden "4$ Vic/FTL (You And Me)" hat El-P allen Systemen die letzte Lebensfreude abgezapft, seine Hörer ausgewrungen und soweit erschöpft, dass sich die Wahrnehmung verzerrt. Dem treibenden Rhythmus umwabert eine unwirkliche, verschobene, schläfrige Stimmung, als lausche man ihm im Zustand vollkommener Übermüdung.
Musik, die einen an einem sonnendurchfluteten Nachmittag beim Blick durchs Fenster auf auf grüner Wiese Kaffee trinkende Menschen damit rechnen lässt, dass sich jeden Moment die Erde auftut, das Idyll verschlingt und dass unmittelbar die Apokalypse losbricht, verdient schlicht das Attribut 'grandios'. "It's a lovely day to go blitzkrieg, isn't it?"
© Laut
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EL-P, MainArtist
(C) 2011 Fat Possum Records (P) 2011 Fat Possum Records
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Albumbeschreibung
Schon mal eine akustische Ansichtskarte aus dem Klach D'Kel Brakt bekommen? "Cancer For Cure" dürfte dem ziemlich nahe kommen. El-P hält sich dort schließlich nicht als Rucksacktourist auf: "You cannot throw me in the briar patch, bitch. That's where I live." Wie schwarze Tentakel ringeln sich seine Beats aus den Lautsprechern, einzig und allein darauf aus, sich alles und jeden zu greifen, zu strangulieren und mit sich in unendliche, unendlich unfrohe Weiten zu reißen. Nein, ein Osterspaziergang wird das nicht.
Der ist allerdings auch nicht zu erwarten, wenn der Mann hinter dem bedauerlicherweise in die ewigen Jagdgründe eingegangenen Label Definitive Jux über Regler und Mic gebietet. Schon eher ein Ausflug in klaustrophobische, stockfinstere, unheilschwangere Endzeitstimmung - zumal El-P sein Album seinem 2008 vom Lungenkrebs dahin gerafften Kollegen Camu Tao widmet.
"Those who know lust trust the flow is disgust touch / Producto back rap rush, you'll notice the lad crush / I'm potent, intact, a black hearted and lunged up / Tarded and touched, plus designer of funk rust / Oh, El is back on that shit, huh?"
Genau, huh! Schon nach den allerersten verrauschten Tönen besteht kein Zweifel mehr: Böses braut sich zusammen, eine beklemmende Atmosphäre senkt sich übers Land, noch ehe ein scheppernder Gitarrenton quer durch die Szenerie bratzt und der Beat lospumpt, maschinell, industriell, treibend.
Gude Laune, Alter? Nix. "Request Denied". El-P kredenzt stattdessen dominante Drums, hinter denen sich Orgeltöne und fiepsige Elektronik mehr erahnen als konkret ausmachen lassen. In der Vorstellung des Hörers sind dunkle Bilderwelten längst halbdutzendweise übereinander gestürzt, ehe er auch nur zu rappen anhebt.
Den Bruch mit eingefahrenen Hörgewohnheiten erhebt El-P seit jeher zur Pflicht, spielt Katz-und-Maus mit Erwartungen. Inhaltlich wie musikalisch mähen Maschinengewehrsalven die "fields of golden dandelions" nieder. Hypnotisch wälzt sich "The Full Retard" in die Gehörgänge, zermalmt Nackenwirbel zu Feinstaub.
Zwischen den unzähligen Schichten der Beats richtet El-P seiner kultivierten Paranoia reichlich Versteckmöglichkeiten ein. Sein zweiter ständiger Begleiter: rasende Ungeduld. "I got memories to lose, man, I'm in a rush!" Wattiger, runder tönt "Works Every Time", jedoch keine Hand breit versönlicher.
"Be quiet, they're hunting now. The method is awesome." Nicht nur die, auch El-Ps Methode, zwischen "Drones Over BKLYN" mitten "in the fog of fright night" auch noch eine Spur Dancehall abzufeuern, den Geist der Oldschool herauf zu beschwören, ein klimperndes Klavier, einen kläffenden Köter unterzubringen. Sirenen einsamplen kann jeder. El-P geht subtiler vor, verwendet, gespenstischen Chören gleich, verwehte Sounds, die das Martinshorn lediglich in der Phantasie seines Publikums blasen.
Diese fordert El-P auch diesmal wieder, wenn er sich - alleine oder in Gesellschaft - als Erzähler drehbuchreifer Szenarien entpuppt. In "Tougher Colder Killer" schreibt ein Mörder an die Mutter seines Opfers. Despot und Killer Mike - "the other insane psycho sick savage raw rap rhyme motherfucker" - teilen den Versuch, sich mit dem zweifelhaften Argument "Es gibt noch viel üblere Typen da draußen als uns" von Reue und Schuldgefühlen reinzuwaschen.
"Tell me who sent you here, your real name, who's your leader?", verlangt ein offensichtlich schwer beziehungsgestörter Erzähler in "The Jig Is Up" zu wissen. Er kapselt sich ab, verschließt sich jeglicher Zuwendung, frei nach Groucho Marx: "I wouldn't want to be a part of any club that will have me."
Die Unfähigkeit, mehr noch, der absolute Unwille zum Glück manifestiert sich, wohin man schaut. Etwa wenn in "For My Upstairs Neighbor" hinter dem sägenden Beat, der sich in Schädel und Knochenmark frisst, die zweifellos an eine Zeitbombe gekoppelte Uhr tickt. Der Verfolgungswahn treibt stinkende, schwarze Blüten in Hülle und Fülle.
Spätestens beim abschließenden "4$ Vic/FTL (You And Me)" hat El-P allen Systemen die letzte Lebensfreude abgezapft, seine Hörer ausgewrungen und soweit erschöpft, dass sich die Wahrnehmung verzerrt. Dem treibenden Rhythmus umwabert eine unwirkliche, verschobene, schläfrige Stimmung, als lausche man ihm im Zustand vollkommener Übermüdung.
Musik, die einen an einem sonnendurchfluteten Nachmittag beim Blick durchs Fenster auf auf grüner Wiese Kaffee trinkende Menschen damit rechnen lässt, dass sich jeden Moment die Erde auftut, das Idyll verschlingt und dass unmittelbar die Apokalypse losbricht, verdient schlicht das Attribut 'grandios'. "It's a lovely day to go blitzkrieg, isn't it?"
© Laut
Informationen zu dem Album
- 1 Disc(s) - 12 Track(s)
- Gesamte Laufzeit: 00:49:03
- Künstler: EL-P
- Label: Fat Possum
- Genre: Hip-Hop/Rap
(C) 2011 Fat Possum Records (P) 2011 Fat Possum Records
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