Woody Guthrie
Zu Beginn der 60er Jahre liegt Woody Guthrie vergessen in einer Nervenanstalt in New Jersey, umgeben von Geisteskranken. Das Bild, das Bob Dylan in seiner Autobiographie "Chronicles Volume One" (2004) von ihm zeichnet, ist nicht gerade aufmunternd. Was er genau hat, vermögen die Ärzte nicht zu diagnostizieren. Fest steht, dass sich die Funktionen seines Gehirns zunehmend verschlechtern. Der noch unbekannte Dylan ist von Minnesota in die Anstalt gereist, um seinem Vorbild Gesellschaft zu leisten. Um es bei Laune zu halten, spielt er ihm Lieder auf der Gitarre vor.
Es ist das unrühmliche Ende eines Musikers, der in den 40er Jahren zum wichtigsten politischen Sänger der USA aufsteigt. 1912 in Okemah, Oklahoma geboren, erlebt Woodrow Wilson Guthrie viele der Wirren des 20. Jahrhunderts. Sein Vater, Cowboy und Lokalpolitiker, geht Anfang der 30er Jahre Pleite. Nach der Einweisung seiner Mutter in eine Nervenanstalt zieht Guthrie 1931 nach Pampa, Texas, wo er 1933 heiratet. Die Ehe bringt drei Kinder hervor, doch die Weltwirtschaftskrise und ein verheerender Sandsturm im Midwest zwingen Guthrie 1935, nach Kalifornien auszuwandern. Wie Tom Joad in John Steinbecks Roman "Früchte Des Zorns" zieht er in Richtung Westen, um eine Lebensgrundlage für seine Familie zu schaffen.
Als er nach zwei Jahren sein Ziel erreicht, hat er die Feindschaft erlebt, die die Einwohner den heimatlosen "Okies" entgegen bringen, andererseits Geschmack gefunden am Leben on the Road. Er sieht sich als Außenseiter und beginnt, sein Unwohlsein in Stücke mit klaren Botschaften zu fassen. So entstehen erste Titel wie "I Ain't Got No Home", "Goin' Down the Road Feelin' Bad", "Talking Dust Bowl Blues", "Tom Joad" oder "Hard Travelin'".
Rasch macht er sich dank seiner sozialkritischen Texte einen Namen in Los Angeles, wo er mit der Sängerin Lefty Lou eine Radiosendung moderiert und in der Kolumne "Woody Sez" für die Zeitschrift People's Daily World schreibt. Stets rastlos, zieht er 1939 nach New York, wo er bei unzähligen Gewerkschaftsveranstaltungen auftritt und die bekanntesten politischen Folksänger seiner Zeit kennen lernt. Unter ihnen Pete Seeger und die späteren Weavers. 1940 nimmt Guthrie seine Stücke unter der Leitung von Moses Asch auf. Das Projekt des Washingtoner Smithsonian Institute hat zum Ziel, die Roots-Musik der USA zu katalogisieren. In dieser Zeit schreibt Guthrie sein wohl berühmtestes Lied, "This Land Is Your Land", und seine Autobiographie "Bound For Glory", in der er seine Abenteuer und Erfahrungen schildert.
Mit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg engagiert sich Guthrie erst in der Handelsmarine, dann in der Armee. Auf seiner Gitarre prangt die unmissverständliche Aufschrift "This Machine Kills Fascists". Ende des Krieges zieht er nach Coney Island bei New York, wo er nach der Scheidung von seiner ersten Frau erneut heiratet. Aus seiner zweiten Ehe stammen vier Kinder, unter ihnen Arlo, der Ende der 60er Jahre selbst ein bekannter Folksinger wird.
Guthrie beschäftigt sich mit dem Nachwuchs, schreibt eine Sammlung an Kinderliedern mit dem Titel "Grow On" und gründet mit Pete Seeger die erfolgreiche Band Almanac Singers, doch es hält ihn nicht lange in New York. Anfang der 50er Jahre ist er mit seinem Reisekumpanen Ramblin' Jack Elliott wieder in Kalifornien, heiratet ein drittes Mal und wird erneut Vater. Sein verhalten wird jedoch zunehmend unberechenbarer. 1955 kehrt er nach New York zurück, wo die Symptome als Alkoholsucht oder Schizophrenie falsch gedeutet werden. In Wirklichkeit handelt es sich um Chorea Huntington ('Veitstanz'), eine unheilbare erbliche Krankheit, der bereits seine Mutter erlegen war. Die meiste Zeit bis zu seinem Tod 1967 verbringt Guthrie in der wenig erbauenden Umgebung psychiatrischer Anstalten.
Bob Dylan ist nicht der einzige, der Guthries Namen in Ehren hält. Sein Corpus an Hunderten von Liedern, Zeichnungen, Büchern und Artikeln macht ihn schon zu Lebzeiten zu einem Ausnahmekünstler, dessen Ruhm in den folgenden Jahren wieder zunimmt. Zu den Auszeichnungen, die Guthrie nach dem Tod erhält, gehören der Einzug in die Songwriter Hall Of Fame und die Rock'n'Roll Hall Of Fame sowie ein Grammy 1998. Ani DiFranco und Bruce Springsteen spielen seine Lieder. Seine Tochter Nora gründet das Woody Guthrie-Archiv und beauftragt Billy Bragg und Wilco Mitte der 90er Jahre, bis dahin unveröffentlichtes Material zu vertonen und einzuspielen. So entstehen die Alben "Mermaid Avenue" (1998) und "Mermaid Avenue Vol. 2" (2000).
© Laut
Ähnliche Künstler
-
BD Music Presents Woody Guthrie
Folk - Erschienen bei BDMUSIC am 19.01.2007
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Woody At 100: The Woody Guthrie Centennial Collection
Folk - Erschienen bei Smithsonian Folkways Recordings am 10.07.2012
Qobuz’ SchallplattensammlungPitchfork: Best New Reissue16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
My Dusty Road
Folk - Erschienen bei Rounder Records am 01.01.2009
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
The Asch Recordings, Vol. 1-4
Folk - Erschienen bei Smithsonian Folkways Recordings am 17.08.1999
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Bound for Glory: Songs and Stories of Woody Guthrie
Folk - Erschienen bei Folkways Records am 01.01.1956
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Dust Bowl Ballads
Folk - Erschienen bei RCA Camden am 01.07.1940
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
This Land is Your Land: The Asch Recordings, Vol. 1
Folk - Erschienen bei Smithsonian Folkways Recordings am 18.02.1997
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Folkways: The Original Vision
Folk - Erschienen bei Smithsonian Folkways Recordings am 26.04.2005
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Songs to Grow on for Mother and Child
Kinder - Erschienen bei Smithsonian Folkways Recordings am 21.03.2019
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
GUTHRIE, Woody: Pastures of Plenty (1940-1947)
Klassik - Erschienen bei Naxos am 26.01.1999
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Library Of Congress Recordings
Folk - Erschienen bei Rounder Records am 01.01.1964
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Dust Bowl Ballads
Folk - Erschienen bei Buddha Records am 04.06.2007
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Woody Guthrie
Pop - Erschienen bei Archive of Folk & Jazz Music am 19.12.1965
24-Bit 96.0 kHz - Stereo -
The Legendary Woody Guthrie in Memoriam
Pop - Erschienen bei Tradition Records am 10.12.1967
24-Bit 96.0 kHz - Stereo -
Dust Bowl Ballads
Country - Erschienen bei TB MUSIC am 01.07.1940
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
America's Folk Idol No. 1, Vol.1
Folk - Erschienen bei Documents am 23.12.2014
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
Dust Bowl Refugees
Folk - Erschienen bei Quadrifoglio am 11.07.1987
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
My Dusty Road
Country - Erschienen bei Universal Music Group International am 01.01.2009
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
This Land Is Your Land
Folk - Erschienen bei Folk-Up Records am 19.11.2015
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo -
-
Bob Dylan's Woody Guthrie Selection
Country - Erschienen bei Chrome Dreams am 12.07.2010
16-Bit CD Quality 44.1 kHz - Stereo