Deadmau5
Mickey Mouse erobert als Comicheld das Disney-Universum, Danger Mouse rettet als britischer Agent regelmäßig die Welt der Geheimdienste, Deadmau5 sprengt dagegen als kanadischer Techhouse- und Electro-Produzent die Verkaufsrekorde der digitalen Erde.
Mit einem speziell angefertigten, verspiegelten, überdimensionalen Mäusekopf (mitsamt Stroboskop-Augen), Software von Ableton und einem Lemur als Controller füllt der junge Rookie ganze Stadien. Hinter der als mausetot geglaubten Spezies steckt ein eigentlich quietschfideler Joel Zimmermann aus Kanada, Ontario.
Optisch gleicht das Spektakel einem Hybrid aus Daft Punk und Walt Disney. Deadmau5 "innovativ" betitelte Live-Show trägt allerdings leider die unübersehbare Trademark der Pariser Ideenschmiede. Nicht gerade verzweifelt, aber etwas ideenlos wirkt sein aus taktischer Hype-Strategie betriebenes Kostümieren (ganze zehn Jahre später). Im Zentrum steht die Aufmerksamkeit, dann erst folgt die Musik. Für das Geschäft ist die Formel ideal, schließlich besteht die Währung des Marktwertes im modernen Musikbusiness aus Myspace-Hits und Downloadzahlen.
Die Superlative um den Mauswanderer nehmen trotz der Anlehnung nicht ab. Als erfolgreichster Verkaufsschlager aller Zeiten graviert er sich in die Beatport-Datenbank ein, dabei entwickelt sich sein Track "Not Exactly" zum Bestseller in der Geschichte der Webseite. Auf Festivals begegnet man dem Nager trotz den Crookers oder Tiga im Line Up als Headliner. Allein 2009 beschert der ganze Zirkus dem Trophäenschrank eine "Best Remix"-Nominierung bei den Grammys für Morgan Pages "The Longest Road" sowie den Artist "Breakthrough"-Award auf der Miami Winter Music Conference.
Schon bevor sich Deadmau5 musikalisch zum neuen Dance-Club-Phänomen der Neuzeit mausert, blickt er bereits auf eine Karriere im technologischen Bereich zurück. Mit 15 Jahren beginnt er Computerchips zu tunen, arbeitet danach als technischer Betreuer für eine Radio Show in Niagara Falls, wenig später als Web-Entwickler. 1999 steuert er seine technischen Fähigkeiten dem Rap-Metal-Album "Methods Of Mayhem" von Mötley Crüe Drummer Tommy Lee bei. Unter dem Namen W.T.F.? veröffentlicht das ungleiche Paar 2008 sogar zwei Electro-House Singles ("Chicken" und "Redic").
Die erste ernstzunehmende Veröffentlichung des Kanadiers erscheint 2006 gemeinsam mit Steve Duda als B.S.O.D. (blue screen of death - der Nerdjargon für einen Windows-Fehlerbericht). Zu dieser Zeit wirkt Zimmerman ebenfalls bei der belgischen Softwarefirma Image Line, die sich für das virtuelle Studioprogramm Fruity Loops, heute FL Studios, verantwortlich zeigt und der Entwicklung der iPhone Application "Touch Mix", mit.
Als es Studiopartner Duda zurück nach LA zieht, bleibt Zimmerman nichts anderes übrig, als alleine an den Reglern zu drehen und sich abermals ein Pseudonym auszudenken - die Maus wird geboren. Krabbelt ein unliebsamer Nager für seinen letzten Weg in das Computergehäuse eines Technikfreaks und sind Online-Passwörter in ihrer Zeichenzahl bis auf weiteres begrenzt, so trägt das alles zur Namensgebung der eigenen Künstleridentität bei.
Dessen erste offizielle Veröffentlichung, "Faxing Berlin", fällt BBC Legende Pete Tong in die Hände, der stellt die kluge Zusammenkunft von Trance-Akkorden und House Beats in seiner Radio 1 Show vor, danach nimmt der Wahnsinn seinen Lauf.
Obwohl gerade erst frisch auf der Bildfläche sahnt das junge (tote) Mäuschen jeden Award im House-Segment von Beatport zwischen 2008 und 2009 ab, kreiert mit "Ghost 'N' Stuff" eine kleine Electroclash-Hymne und unterschreibt schließlich wie seine Vorbilder beim Major Virgin.
Spätestens ab 2010, als "4×4=12" erscheint, gehts auch im Mainstream kommerzielle so richtig ab. "Album Title Goes Here" und vor allem das 2014er "While (1-2)" rocken die Charts weltweit und machen aus der toten Maus einen höchst lebendigen House-Act, der aus dem Bereich der elektronischen Musik kaum mehr wegzudenken ist.
© Laut
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