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Jello Biafra

Spätestens 1987, auf der Höhe der gerichtlichen Auseinandersetzungen um ein Plakat des Schweizer Künstlers und Alien-Erfinders H.R. Giger, das der Dead Kennedys-Platte "Frankenchrist" beigelegt ist und den Unmut christlich-konservativer Amerikaner erregt, ist Leadsänger Jello Biafra so bekannt wie ein bunter Hund. Viele sehen in ihm einen der wortgewandtesten Verteidiger, den die Meinungsfreiheit in den USA je hatte. Mit seinen Ansichten hat Eric Boucher, der am 17. Juni 1958 in Boulder Colorado zur Welt kommt, auch schon früher nicht lange hinter dem Berg gehalten. Später nennt er sich in Jello Biafra um, einem Gegensatzpaar, bestehend aus dem afrikanischen Land Biafra, das von 1966 an einen vierjährigen Abspaltungskrieg mit Nigeria führt, der zwei Millionen Tote fordert, und Jello, der Name eines großen US-Konzerns, der in Kombination mit Biafra das verheerende Ungleichgewicht zwischen Erste Welt-Konsum und Dritte Welt-Armut symbolisieren soll. Marilyn Manson sollte später auf ganz ähnliche Weise zu einem Künstlernamen kommen. 1978 gründet Biafra in San Francisco die Punkband Dead Kennedys, die sich schnell eine treue Anhängerschaft erspielt. Nicht zuletzt aufgrund der intelligenten Texte des Sängers, in denen er der amerikanischen Gesellschaft mit Zynismus, Ironie, Humor und Respektlosigkeit den Spiegel vorhält. Bis zum Split 1987 veröffentlichen die Dead Kennedys zahlreiche Alben, von denen ihr Debüt "Fresh Fruit For Rotting Vegetables" mit den Hits "California Über Alles", "Holiday In Cambodia" und "Kill The Poor" heute als absolutes Must have gilt. Nach dem Ende der Dead Kennedys zeigt sich Biafra auch in der Folge als umtriebiger Zeitgenosse mit vielen Talenten. 1986 übernimmt er das bereits 1979 gegründete DK-Label "Alternative Tentacles", dessen Einfluss auf den amerikanische Underground auch in der Folgezeit nicht hoch genug geschätzt werden kann. Als der hundertste Release ansteht, geben sich Bands wie Faith No More, Alice Donut, L7 und Napalm Death die Klinke in die Hand und erweisen Biafra mit Coverversionen "seiner" Dead Kennedys die Ehre. Aber auch selbst bleibt der heimliche Heino-Fan Biafra musikalisch aktiv. Während seine Kooperationen mit den Ministry-Mitgliedern Al Jourgensen und Paul Barker unter dem Namen Lard sowie Veröffentlichungen zusammen mit D.O.A. und No Means No sich eher in bekannten Sphären bewegen, geht Biafra mit seinen Spoken-Word-Platten neue Wege. 1994 hätte ihn "Prairie Home Invasion", eine Zusammenarbeit mit Mojo Nixon, um ein Haar in den Country-Himmel eingehen lassen. Doch auch auf Erden wird es dem Mann kaum langweilig. Biafra wäre nicht Biafra, wenn er sich nicht immer wieder an den ihn umgebenden Verhältnissen stören würde. 1979 tat er dies bereits, als er für den Bürgermeisterposten in San Francisco kandidierte und mit dem geklauten Firmenslogan "There's Always Room For Jello" immerhin auf den vierten Platz kam. 2000 taucht Biafra wieder im Scheinwerferlicht der Politik auf und verkündet seine Bereitschaft, als Präsidentschaftskandidat der Green Party gegen George W. Bush und Al Gore anzutreten, unterliegt dann aber Ralph Nader. Derweil setzen ihm die gerichtlichen Auseinandersetzungen mit seinen Ex-Band-Kollegen um Tantiemen und Back Catalogue-Rechte gehörig zu. Biafra kann es nicht fassen, dass seine früheren DK-Kumpels das Bild der wichtigsten politischen Punkband der USA zerstören, indem sie billige Reunion-Tourneen mit einem neuen Sänger anzetteln und miese Liveplatten veröffentlichen. East Bay Ray und Co. nehmen es sich 2003 sogar heraus, Promofotos mit Jello als Sänger an örtliche Veranstalter zu schicken, um an Auftritte zu gelangen bzw. die Leute zu täuschen. Eine Versöhnung der beiden Parteien scheint in diesem Leben nicht mehr möglich zu sein. Biafra hält ohnehin nichts von nostalgischen Träumereien und tut sich 2004 lieber mit den Melvins zusammen, um mit ihnen das 25-jährige Jubiläum seines Labels Alternative Tentacles zu feiern. Mit dem Album "Never Breathe What You Can't See" zeigt Jello mit den Melvins im Rücken, dass er nach wie vor der große alte Löwe des US-Polit-Punk ist. Im Sommer 2005 reist das Dream Team gemeinsam mit Fantômas sogar für drei Konzerte nach Deutschland. Um die Killer-Kollabo bleibt es anschließend nicht lange ruhig. Ende 2005 erscheint mit "Sieg Howdy!" eine Art EP-Fortsetzung des letztjährigen Albums, worauf neben fünf neuen Songs vier bereits bekannte in Remixversionen enthalten sind. Außerdem schaffte es eine Liveversion des Dead Kennedys-Knallers "Kalifornia Über Alles" (live in Seattle 2004) auf die Platte, die alleine schon die Anschaffung rechtfertigt. Mit neuem Text versehen, geht es darin in erster Linie Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger an den Kragen. Nie ein Mann eingleisigen Schaffens, stellt Biafra 2008 zu seinem 50. Geburtstag eine neue Band auf die Beine. Die Inspiration kam dabei vom Gottvater des Punk Iggy Pop, der zu seinem 60. ein furioses Konzert in Biafras Heimat San Francisco gab. Mit der Hilfe von Gitarrist Ralph Spight (Victims Family, Freak Accident, Hellworms), Drummer Jon Weiss (Sharkbait, Horsey) und Basser Billy Gould (Faith No More) feiern Jello Biafra And The Axis Of Merry Evildoers eine zweitägige Geburtstagssause. Während der anschließenden Studioarbeiten schraubt der zweite Gitarrist Kimo Ball (Freak Accident, Carneyball Johnson) noch weiter am Noise-Pegel. "The Audacity Of Hype" erscheint im Oktober 2009 unter dem neuen Namen Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine. Für den zu Faith No More abgewanderten Gould bedient auf der anschließenden Tournee Andrew Weiss (Rollins Band, Ween, Butthole Surfers) den Bass.
© Laut

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