Grief in Exile

Albumbeschreibung

Zu Beginn der 2000er Jahre, als die Folk-Fans noch unter dem Schock der gerade entdeckten Alela Diane standen, tauchte auch noch eine zweite Außenseiterin aus demselben kalifornischen Dorf, Nevada City, auf, um uns ganz sanft, aber gehörig um die Ohren herum zu streichen. Mit Faces in the Rocks, ihrem dritten, 2007 erschienenen Album, gelang Mariee Sioux der internationale Durchbruch, ebenfalls dank ihres engelhaften Folk. Auch sie war eine Art akustische Elfe. Auch sie sang wie von den natürlichen Elementen beseelt, ganz so als wäre sie deren Vertreterin. Ihr Faces In The Rocks war zwar weniger charismatisch und selbstsicher als Alelas Pirate's Gospel, bei dessen Vokalharmonien Mariee höchstpersönlich mitgewirkt hatte, dafür jedoch verträumter wohl, und auch verschmitzter.

Ganz wie die Hippie-Sängerin Hope Sandoval lag uns auch Mariee Sioux in den Ohren, bis sie uns dahin brachte, wo sie uns haben wollte. Und wir folgten ihr. Wir konnten gar nicht anders. Die Konturen ihrer Soundscapes ähnelten eher denen von Nick Drake als von Joan Baez, mit der bestimmte Leute sie dummerweise zu vergleichen suchten. Ihre kristallklare, immer schon beeindruckend reine Stimme macht sie zu einer gefeierten Pythia der Folk-Szene, die nur allzu selten mystische, halluzinierende und vom althergebrachten Erbe ihrer indischen Wurzeln durchtränkte Platten liefert. Diese Stellung untermauert sie mit Grief in Exile, ihrem seit Ewigkeiten wieder einmal richtigen Studioalbum. Im Grunde hat sich nichts geändert und die Hypnose wirkt unverzüglich. Genauso wie dieses Hin und Her zwischen heiterem musikalischem Ambiente und schmerzhaften Themen (Depression, Selbstmord, Abhängigkeit), die sie an der Wurzel packt. Ein richtiges Wunder. © Marc Zisman/Qobuz