Andando El Tiempo

Albumbeschreibung

Wie die Zeit vergeht ... Soeben wurde Carla Bley 80 Jahre alt, kurz zuvor erschien ein neues Album ihres Trios mit Andy Sheppard und Steve Swallow: „Andando el Tiempo“. Nicht von ungefähr spielt der spanische Titel auf das Vergehen der Zeit an, denn, abgesehen von dem Duo mit ihrem Lebenspartner Swallow, hatte die amerikanische Komponistin und Bandleaderin nie ein derart langlebiges Ensemble. Seit über 20 Jahren besteht es, und doch ist dies erst das dritte gemeinsame Album. Sukzessive erweiterte Bley das Trio: zum Quartett („The Lost Chords“), zum Quintett („The Lost Chords Find Paolo Fresu“), doch ihr Haupttourneeformat blieb, neben dem Duo, stets der Dreier. Platten nahm sie damit kaum auf.
Anders als die beiden vorigen bietet das neue Album unbekanntes Material. Das live eingespielte „Songs With Legs“ (1994) und das Studioalbum „Trios“ (2013) enthielten Stücke, die die Komponistin schon mit Formationen unterschiedlicher Größe aufgenommen hatte. Jetzt also lauter neues Material, darunter die titelgebende Suite sowie eine Auftragskomposition über ein Gedicht des alten Bley-Gefährten und „Escalator Over the Hill“-Librettisten Paul Haines („Naked Bridges/Diving Brides“).
Das dreiteilige „Andando el Tiempo“ stellt drei Stufen der Heilung von einer Sucht dar. Die Sätze basieren auf verhaltenen, eher angedeuteten Tango- und Latin-Rhythmen, die den kammermusikalisch-„coolen“ Gestus der Komposition noch unterstreichen. Carla, die sich stets als Komponistin, nie als Pianistin bezeichnet, hat ihr Tastenspiel zu einem ganz ureigenen, persönlichen und jederzeit wiedererkennbaren Personalstil entwickelt. Ihr sprödes Klavier, Swallows singender Fünfsaiter und Sheppards lyrisch gestimmtes Tenor-/Sopransaxofon sind unverwechselbare Stimmen, die ein unverwechselbares Ensemble ergeben. So klingt kein anderes Trio.

© Klostermann, Berthold / www.fonoforum.de