Tom Odell
Er wird verglichen mit Jeff Buckley, mit Chris Martin von Coldplay, mancher handelt ihn als neue Version von Elton John: Tom Odell und sein Piano werden Ende 2012 zu kleinen Berühmtheiten. Mit gerade Anfang 20 schreibt Odell Musik, die eben auch von den ganz Großen des Popmusikbusiness stammen könnte.
Seine Instrumentierung ist häufig reduziert, den Texten jedoch mangelt es nicht an großen Worten und Wirkungen. Es geht um unerfüllte Sehnsüchte, um Liebe, um das Älter werden, um tiefe Emotionen. Odells Texte lesen sich nicht nur so, als habe er bereits 40 Jahre voller Hochs und Tiefs hinter sich, auch im Klavierspiel steht er seinen älteren Musikerkollegen in nichts nach.
1990 im südenglischen Chichester geborenen, beginnt Odell schon mit 13 Jahren, eigene Songs zu komponieren. Beschäftigt er sich anfänglich nur mit dem Klavier, kommt dann auch die Stimme und mehr Selbstvertrauen hinzu. Odell tritt spontan auf, marschiert von Club zu Club, bittet um Auftritte. "Ich zog mit einem riesigen Keyboard durch Brighton und trat überall in der Stadt bei 'Open Mic'-Abenden auf", erzählt er. "Das war einerseits demoralisierend, aber es hat mir auch extrem gut getan." Demoralisiert und bestärkt gleichermaßen also macht Odell sich auf nach London, wo das Schicksal ihn erst in die Arme einiger Musiker, dann in die von Lily Allen treibt. Die Sängerin nämlich nimmt Odell auf ihrem Label "In The Name Of" unter ihre Fittiche.
Nun dauert es nicht lange, bis die Macher der Show 'Later... with Jools Holland' ihn für Fernsehaufnahmen einladen. Auch die großen Konzerne entdecken das hübsche Milchgesicht mit dem fragenden Blick und der fragilen Stimme für sich: das Modelabel 'Burberry' verwendet seinen Song "Another Love" bei Shows, und beim BBC kommt der Track als TV-Trailermusik zum Einsatz.
Hierzulande schnappt eine große deutsche Telekommunikationsgesellschaft sich Odells Musik und hinterlegt die Werbekampagne mit "Another Love". Der Musiker sieht das gelassen. Er begreift nur nach und nach das Geschehen: "Erst als ich den Verlagsdeal hatte, wurde mir bewusst, dass viele Menschen meine Songs hören würden."
Die Menschen hören hin und sind fasziniert von der Tristesse und Lebensfreude, die seine Musik gleichermaßen ausstrahlt. Im Januar 2013 wird Odells Arbeit daher mit dem BRITs Critics Choice Award geehrt, die BBC nimmt ihn in ihre 'Sound of 2013'-Liste auf. Diese Sounds kommen in Form seines Debüts "Long Way Down" auf den Markt. Darauf Lieder, die in emotionale Hochebenen befördern. "Wenn es traurig ist, dann möchte ich, dass es auch WIRKLICH traurig ist. Und wenn die Musik fröhlich ist, dann will ich die Euphorie spüren", erklärt Odell.
Das Wichtigste hierbei jedoch ist ihm, dass die Musik "ungekünstelt und unperfekt" sei; menschlich und echt solle sie sein und auch Fehler enthalten. "Denn diese kleinen Unperfektheiten machen es zu dem, was es ist", weiß Odell – der weise Mann von Anfang 20.
Auf dem Nachfolger "Wrong Crowd" (2016) erweitert Odell seine stilistische Bandbreite behutsam Richtung Alternative Rock und Soul. Auf "Monsters" (2021) geht es um Panikattacken, toxische Männlichkeit und die Schattenseiten des Kapitalismus geht, trotzdem klingt die Platte wie ein Popalbum, das allen gefallen möchte.
2022 entert "Another Love" vom 2013 erschienenen "Long Way Down" in mehreren Ländern überraschend erneut die Charts. In sozialen Netzwerken wird der Song als "Hymne des Widerstandes" gefeiert und als Zeichen der Solidarität mit Kriegs-Flüchtlingen aus der Ukraine und protestierenden Frauen im Iran gespielt.
Odell ist darüber sehr erfreut, wie er auch dem SWR in einem Interview mitteilt: "Als ich 'Another Love' geschrieben habe, hat es für mich etwas komplett anderes bedeutet als jetzt. Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass der Song heute diese Bedeutung und Tiefe haben würde, da er in dieser Krise und dem Krieg in der Ukraine verwendet wird und als ein positiver Song Hoffnung bringt ... das ist sehr berührend. Das gibt dem, was ich als Beruf mache, eine ganz neue Bedeutung."
Im Januar 2024 erscheint Odells sechstes Studioalbum "Black Friday".
© Laut
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