Rome Streetz
Rome Streetz schreibt gerne Lyrics im J-Train. Das hat angefangen, als es noch diese Klapphandys gab, irgendwann in den 2000ern. Die haben es ihm das erste Mal erlaubt, nicht mehr auf Stift und Papier zurückzugreifen und überall zu tippen, wo ihn die Inspiration trifft. Auch, wenn das Tippen damals noch so lange brauchte, dass man seiner Aussage nach wirklich jede Line genau so meinen musste.
Inspiration kommt eben in den Zügen, den Straßenbahnen in New York, zwischen Buffalo und Queens, quer zwischen Rap-Geschichte und Griselda-Gegenwart, wo Rome Streetz Millionäre und Obdachlose Seite an Seite sitzen sieht.
Der Mann ist ein klassischer New Yorker Spitter, aufgewachsen im genau richtigen Zeitalter, das er trotzdem irgendwie verpasst zu haben scheint. Mit seinem Skillset wäre er eigentlich ein offensichtlicher Hype-Kandidat für das Klapphandy-Zeitalter gewesen, für Hot 97-Cyphers, für BET, für Freestyle-Viralität in den Tagen knapp vor der Dominanz von WorldstarHipHop.
Rome Streetz ist auch draußen in den 2000ern, am Anfang der 2010er, aber es soll nicht so sein. Die Umstände stimmen nicht, er trifft nicht die richtigen Leute, er kommt nicht so richtig aus dem Schlamm.
Wie er trotzdem das Leben als Rapper ohne Dayjob bestreitet? Gegenüber Paul Rosenberg sitzt er im Interview, grinst und sagt, er habe sich schon immer etwas einfallen lassen. Er sei ja ein New Yorker Jung. Aufgeben? Fehlanzeige.
2016 ist der Mann Mitte dreißig, hat seine Bars inzwischen vom Klapphandy auf das erste iPhone hinübergerettet und veröffentlicht ein erstes Mixtape, "I Been Thru Mad Shit". Das macht … ebenso kaum eine Welle, später finden sich kaum noch Spuren davon im Internet.
Erste Lebenszeichen gibt es stattdessen mit dem Album "Streetz Keep Calling Me", das Rome Streetz erste Musikvideos und ein klein bisschen Untergrund-Blog-Beachtung beschert. Wir sprechen dennoch von kleinen Dimensionen, angebracht für einen ganz guten Local-Dude aus New York, der in der Höhe der Soundcloud-Ära absolut vehement auf BoomBap-Beats verharrt und Tapes auf Bandcamp postet. Er glaube eben daran, die richtigen Leute zur richtigen Zeit zu treffen.
Genau so kommt es auch: 2019 trifft er Griselda-Produzent Camouflage Monk, wenig später steht er für eine Show mit Benny The Butcher auf der Bühne. Eine Seelenverwandtschaft lässt sich sofort spüren, und die Griselda-Jungs beginnen, ihn herumzureichen.
Mit diesem neuen Funken an Möglichkeit explodiert Rome augenblicklich. Seine Tape-Reihe "Noise Candy" wächst bis 2020 auf vier Ableger, mit "Joyeria", "Headcrack" und "Kontraband" kommen drei weitere ausgearbeitete Tapes hinterher. Seine DJ Muggs-Kollabo-Platte "Death & The Magician" bringt ihm eine gute Menge Hype im Untergrund der Westküste ein, "Coup De Grace" macht ihn als Kollaborateur von Ransom auf Albumlänge endlich auch offiziell im Griselda-Kosmos zu einem bekannten Namen.
Der Spam lohnt sich: 2022 erscheint mit "Kiss The Ring" endlich das offizielle Griselda-Debüt, jetzt nicht mehr als rappender Kumpel, sondern als Signee. Westside Gunn kümmert sich ums Exekutive, Conductor Williams klatscht die Produktion mit seinen legendären Tags zu, und niemand aus dem zunehmend prominenten Camp lässt sich für einen Gastauftritt lange bitten.
Man merkt, dass etwas geht: National und über das Genre hinaus werden Magazine aufmerksam, Rome ist inzwischen mit dem Camp durch ganz Amerika und Europa getourt, eine kleine Doku belegt das Ganze ... und jetzt?
"Hochkommen war das Problem", erklärt im Hot97-Interview, "aber über das Obenbleiben mach' ich mir keine Sorgen. Ich bin die Sorte Typ, der beim Machen eines Albums schon die nächsten zwei quasi fertig macht." Langsamer werden? Gibt es wohl nicht. Damit passt er wunderbar zu seinem Label.
© Laut
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