Manfred Mann
Wer noch nie einen Song von Manfred Mann, bzw. seiner hauseigenen Earth Band gehört hat, ist entweder taub oder lebt in der Abgeschiedenheit der Wüste. Karg muss das Leben sein ohne die Klänge von "Pretty Flamingo", "Ha! Ha! Said The Clown", "Mighty Quinn", "My Name Is Jack", "Blinded By The Light" oder "Davys On The Road Again". Wie kaum ein anderer vollzieht Manfred Mann im Laufe der Jahrzehnte den Brückenschlag zwischen Unterhaltungsmusik auf der einen Seite und ausgefeilten, progressiven Kompositionen auf der anderen. Als absoluter Könner an sämtlichen Instrumenten, die auch nur entfernt etwas mit Tasten zu tun haben, erntet er anerkennende Kritiken von allen Seiten.
Die musikalische Karriere des Manfred Lubowitz, so der bürgerliche Name des am 21.10.1940 in Johannesburg zur Welt gekommenen Südafrikaners, erhält Anfang der Sechziger ihren ersten Schub. Gerade einmal dem Teenager-Alter entwachsen, beschließt er, nach England auszuwandern; die Chancen auf eine Karriere als Profimusiker scheinen dort besser zu sein als im Apartheidsstaat am Kap der guten Hoffnung. Der Musiker Manfred Mann kann mit den damals angesagten Dixie- und Skiffle-Klängen kaum etwas anfangen. Seine Liebe gilt dem Jazz, Beatmusik und Rhythm & Blues, deshalb gründet er mit Schlagzeuger Mike Hugg die Mann-Hugg Blues Brothers. Ein Live-Auftritt im Marquee verhilft ihnen zu einem Deal mit der EMI, die ersten Veröffentlichungen "Why Should We Not" und "Cock-A-Hoop" floppen jedoch grandios. Um wenigstens etwas Kohle in die permanent leeren Taschen zu spülen, benennt sich die Band schlicht in Manfred Mann um und ändert das musikalische Konzept.
Das erste große Stück vom Kuchen sichern sich Manfred Mann mit dem Titelthema "5-4-3-2-1!" zur TV-Serie "Ready Steady go!". In den britischen Charts steigt die Nummer bis auf einen respektablen vierten Platz, der Nachfolger "Hubble Bubble" verkauft sich nur unwesentlich schlechter. Mit dem Exciters-Cover "Do Wah Diddy Diddy" landen sie ihre erste Nummer Eins und stoßen damit sogar die Beatles und ihr "A Hard Days Night" vom Thron. Der Knoten ist geplatzt. Bis 1969 produzieren Manfred Mann Top 5-Hits in Serie.
Die Spezialität, Coverversionen bekannter Künstler eine eigene Note zu verpassen, bleibt auch in der Folgezeit ein Markenzeichen Manfred Manns. Mann selbst sieht sich nicht als besonders guten Komponisten an und greift deshalb lieber auf Lieder zurück, die ihn emotional packen. Seiner Verehrung Bob Dylans verleiht er mit "God On Your Side", "Just Like A Woman" und "Mighty Quinn" Ausdruck.
Im Gegensatz zu den Singles verkaufen sich die Alben von Manfred Mann jedoch alles andere als hervorragend, lediglich "The Five Faces Of Manfred Mann" und "Mann Made" stechen hier heraus, demgegenüber stehen Flops wie der Soundtrack "Up The Junction" oder das engagierte, aber letzten Endes halbgare "As Is". Letzteres ist bereits das Leuchten am Horizont für den Künstler Manfred Mann, der es mittlerweile satt hat, leicht verdauliche Kost unters Volk zu jubeln. 1969 lösen sich Manfred Mann nach einer Abschiedstour folgerichtig auf.
Mit seinem alten Buddy Hugg komponiert er Musik für die Werbung, nachdem seine Jazz-Formation Eamon nur kurze Zeit überdauert. Den bislang ambitioniertesten Versuch, Musik zu machen, unternimmt Manfred Mann mit der Band Chapter III. Zwei Alben lang hat die vielköpfige Truppe Bestand, die mit ihrer Mischung aus Free Jazz und Rock aber nur wenige Hörer erreicht.
1971 startet Manfred Mann das erfolgreichste Kapitel seiner Laufbahn. Zusammen mit Gitarrist Mick Rogers Colin Pattenden (Bass) und Ex Tom Jones- Schlagzeuger Chris Slade (der später auch bei AC/DC die Stöcke schwingt) gründet er die Manfred Mann's Earth Band. Zu Beginn rumpelt die Erde-Gruppe jedoch verhalten durch die Gegend, der Erfolg will sich nicht so recht einstellen.
Erst mit der Nummer "Joybringer" fließt der Mammon wieder in gewohnter Form. Speziell in Deutschland kann sich die Earth Band über die Jahre eine sehr treue Fangemeinde aufbauen. Mit dem Bruce Springsteen-Cover "Blinded By The Light", dem Album "Roaring Silence", neuer Besetzung und dem exzellenten Sänger Chris Thompson im Gepäck etabliert sich die Manfred Mann's Earth Band binnen weniger Jahre als Garant für ausverkaufte Konzerte.
Mit dem eher schwächeren Album "Chance" geht schließlich 1980 der Bandkontext flöten, die Earth Band mutiert zum Künstlerkollektiv, bei dem die Mitglieder ein- und ausgehen. Das mit Coverversionen von Bob Marley ("Redemption Song"), Sting ("Demolition Man") und Al Stewart ("Eyes Of Nostradamus") angereicherte Album "Somewhere In Africa" ist Manfred Manns ganz persönliches Statement zur politischen Situation in seiner Heimat Südafrika. Vier Jahre bevor Paul Simon mit "Graceland" zeigt, wie man mit anderen Musikern seine eigene Ideenlosigkeit übertünchen kann, integrierte Mann afrikanische Klänge in seinen Sound.
Der Bankrott des Labels Bronze zwingt die Earth Band zu einer Pause, das 1987 erscheinende "Masque" markiert das vorläufige Ende der Gruppe. Vier Jahre dauert es, bis wieder etwas von Manfred Mann den Weg auf Tonträger findet. Einen zweiten Ausflug in archaische Musikgefilde wagt er mit der Scheibe "Manfred Mann's Plains Music", für die er auf Melodien und Songskizzen nordamerikanischer Indianer zurück greift. Weitere fünf Jahre ziehen ins Land, bis Mann die Earth Band wieder aus der Mottenkiste holt. Abwechselnd mit Noel McCalla und Chris Thompson am Mikro zieht die Musikertruppe durch die Landen, veröffentlicht mit gebührendem Abstand Platten (1996: "Soft Vengeance", 2004: "2006") und begeistert alte und neue Fans gleichermaßen mit Live-Shows, die das Können der Musiker immer wieder aufblitzen lassen.
© Laut
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