John Adams
Die USA und Europa trennen nicht nur viele Kilometer, auch dort durchaus bekannte Künstler kennt hier nicht unbedingt jeder. Der Name John Adams sagt hier also nicht allen was. Das breite Publikum wird wohl kaum jemals etwas von diesem Künstler gehört haben. Wird jedoch der Titel Nixon In China erwähnt, wird ein Großteil der Musikliebhaber zustimmen, davon schon einmal etwas gehört zu haben, ohne auch nur eine einzige Note davon zu kennen. Nixon In China stammt tatsächlich aus der Feder von John Adams und ist eine Oper aus dem Jahre 1987, die über die aktuellen, politischen Geschehnisse der Zeit berichtet. Dies war bereits in der Epoche der Romantik gängig: Opern, die über aktuelle politische oder gesellschaftliche Zustände erzählen, sich aber offiziell dahinter verstecken, angeblich von anderen Epochen zu berichten, um so der Zensur zu entkommen. Diejenigen, die das Glück hatten, die vom Regisseur Chen Shi Zheng in Szene gesetzte Aufführung der Oper 2012 in Paris zu sehen, können sich glücklich schätzen, denn angeblich war dies wohl das erste Mal, dass Sänger die Oper ohne Mikro aufführten, eine bedauerliche Gewohnheit der amerikanischen Oper und vor allem bei Stücken wie diesen, bei dem ein Mikro völlig überflüssig ist.
Der 1947 geborene John Adams gehört, an der Seite von Philip Glass und Steve Reich, zu der Bewegung der „Minimalisten“. Typisch für diese Bewegung ist jedoch, dass jeder Künstler seinen eigenen Stil bewahrt, jeder den Minimalismus anders und auf seine eigene Art und Weise versteht. Adams ist der vielleicht am wenigsten minimalistische unter ihnen, da seine Einfälle sehr viel ausgeglichener klingen als die meisten minimalistischen Werke. Auch wird eine klare Inspiration der Epoche der Romantik deutlich.
Sein erstes großes Werk ist eben genau dieses Nixon In China, ein Meisterwerk für jemanden, der der Oper niemals besonders nahe stand. Erwähnt werden muss allerdings, dass er dabei von dem genialen Regisseur Peter Sellars unterstützt wurde. Ebenfalls mit Sellars realisierte er 1991 die Oper The Death Of Klinghoffer, eine Oper, die von der schrecklichen Geiselnahme 1986 auf dem Kreuzfahrtschiff Achille Lauro handelt und bei der eine der Geiseln, Leon Klinghoffer, von den Entführern erschossen wird. Statt sich jedoch einer blutigen Beschreibung der tatsächlichen Ereignisse zu widmen, sind Adams und Seller eher ruhigere Töne angegangen und haben eine Bach-orientierte Oper erschaffen, die mehr erzählt als zeigt, und trotzdem ist das ganze sehr beeindruckend und wirkungsvoll.
2000 tun sich die beiden wieder zusammen, um in El Nino eine ganz besondere Geschichte über die Geburt zu erzählen. 2005 behandeln sie in Doctor Atomic dann den ersten Nuklearversuch der Geschichte von 1945 und bedienen sich dafür bei Textstellen von Baudelaire, dem Poeten John Donne und dem traditionell-indischen Bhagavadgita. Auch hier sollen wieder nicht einfach nur die wahren Begebenheiten nachgespielt werden, sondern zu einer Überlegung um den Kontext und den Menschen und seinen Taten selber angeregt werden.
2002 geht John Adams dann mit On The Transmigration Of Souls eines der tragischsten Ereignisse der heutigen Zeit an: Er huldigt den Opfern des Attentates des 11. Septembers 2001. Eine düstere Partitur, die mit Minimalismus nichts mehr zu tun hat. Eher findet man hier den Einfluss von Charles Ives und seiner Polytonalität, seiner Polyrhythmik, eben seiner ganzen „Polytextur“. Man findet in Adams Werk übrigens die berühmte „Frage ohne Antwort“ wieder, die im Trompetensolo von Ives The Unanswered Question gestellt wird.
Wir können also sagen, dass Adams Karriere mit dem Minimalismus in den 80er Jahren begonnen hat, er seitdem aber seinen eigenen Weg gegangen ist und sich nicht auf ein Genre beschränken ließ. Der Komponist macht vor allem sein eigenes Ding und lässt sich weder musikalisch noch thematisch eingrenzen und seine Opern überraschen die Zuschauer immer wieder aufs Neue.
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