Live (Live)

Albumbeschreibung

Wenn ein eingespieltes Trio sich mit einem seiner „Heroes“ vereint, ergibt das nicht unbedingt ein stimmiges Quartett. Im vorliegenden Fall aber erübrigt sich jede Skepsis. Die Aufzählung der Namen aller Beteiligten anstelle eines Bandnamens signalisiert: Hier ist jeder gleichberechtigt, jeder trägt gleich viel zum Ganzen bei. Nach einem Gangsterfilm nennt sich das Trio um den Saxofonisten Reiner Witzel sonst „Drei im roten Kreis“ und kokettiert dann mit Nouvelle-Vague-Anspielungen. Vor einiger Zeit taten die drei sich mit dem wunderbaren Richie Beirach zusammen, der nach seiner Emeritierung als Professor in Leipzig wieder mehr in der Szene unterwegs ist. Der Mann will spielen.
Dieser Live-Mitschnitt stammt aus der „Jazzschmiede Düsseldorf “ und besteht je zur Hälfte aus Standards und eigenen Stücken – wobei auch Beirachs „Leaving“ ja längst zum Standard geworden ist. Hier leitet der Pianist seine berührende Ballade solo ein; wenn die Band einsteigt, „singt“ Witzel, der selbst die Reiseimpressionen „Northern Fields“ und „Volga“ beisteuert, die einschmeichelnde Melodie mit einer Schärfe, die keine Betulichkeit kennt. Christian Scheuber zeigt mit der kantablen Ballade „So Near So Far“ Sinn für große Melodien – auch sie mit unbegleitetem Intro, diesmal vom Bass, während Beirach vor der Themenreprise noch ein paar typische Latin-Patterns aus dem Ärmel schüttelt.
Der Abend beginnt sinnigerweise mit „Softly, As In A Morning Sunrise“ – dank Witzels schneidendem Sopran kommt dieser Klassiker alles andere als sanft daher – und endet mit Bill Evans’ „Peace Piece“, von Beirach mit Standardzitaten und „falschen“ Tönen gespickt.

© Klostermann, Berthold / www.fonoforum.de