Heart of Brazil - A Tribute To Egberto Gismonti

Albumbeschreibung

Wussten Sie, dass sich Egberto Gismonti sein famoses Gitarrenspiel autodidaktisch beibrachte, klassisches Piano dagegen 15 Jahre lang studierte und so wie Quincy Jones oder Astor Piazzolla in Paris bei Nadia Boulanger grundsolide Komposition und Orchestrierung lernte? Ob die berühmte Pädagogin dem Sohn eines Libanesen und einer Sizilianerin den gleichen Rat wie dem Erneuerer des Tangos mit auf den Weg gab, nämlich sich auf den Klangreichtum seiner Heimat zu konzentrieren, ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich. Jedenfalls nahm die Karriere des fingerflinken Brasilianers, der seine ebenso lyrischen wie rhythmisch vertrackten Stücke auf einer eigens für ihn gefertigen achtsaitigen Gitarre präsentiert, in den 70er-Jahren mächtig Fahrt auf. So verkaufte sich sein 1977 für ECM mit dem Perkussionisten Naná Vasconcelos eingespieltes Album „Dança das cabeças“ über 200.000 mal. In der Folge entstanden Dutzende Aufnahmen, zuletzt 2009 „Saudações“. Danach wurde es stiller um Egberto Gismonti, der kaum noch in Europa zu erleben war. Ein Glück, dass nun der amerikanische Klarinettist Eddie Daniels (* 1941) auf „Heart of Brazil“ 13 Gismonti-Kompositionen mit warmer Intonation sanft swingend zelebriert. Wobei der einzige Hit auf dem delikaten Album, das betörende „Loro“, gleich zu Beginn von Daniels samt feinem Solo des durchgängig sinntragenden Pianisten Josh Nelson abgefeiert wird. Dass später, so bei „Baião Malandro“, farbenreiche Streicher den von der Klarinette überglänzten Wohlklang bereichern, passt bestens ins Bild – untermalte Gismonti doch häufig seine poetischen Melodien auch mit Geigen. Das opulente Booklet lohnt die Lektüre und macht mit der prachtvoll kammermusikalischen Inszenierung des „Heart Of Brazil“ die Wiederentdeckung von Egberto Gismonti zum immens spannenden Vergnügen.
© Thielmann, Sven / www.fonoforum.de