Covers

Albumbeschreibung

Chan Marshall alias Cat Power ist nicht irgendeine beliebige Sängerin. Zum ersten Mal machte sie vor knapp dreißig Jahren von sich reden, als der Grunge und seine Nebenprodukte alles überfluteten. Da baute sie ihre Diskografie und ihre Karriere auf ihren Schwachstellen und auf ihrer Empfindsamkeit auf, bis sie 2015 (mit dem Soul-Album The Greatest) in die Welt der Pop-Stars Einzug hielt, jedoch ohne sich je vorzudrängen. In den Augen jener, die sie auf der Bühne erlebt haben (und ihr möglicherweise verfallen sind), kann man Cat Powers Laufbahn und ihre Platten mit einem Konzert auf den Punkt bringen: es gibt verschwommene, mühselige und frustrierende Stellen, wo es fast langweilig wird, und dann wieder Momente von reinster Anmut. Sie spielt uns nichts vor, sie verstellt sich nicht, und perfekt sein wird sie nie, aber gerade auch deswegen mag man sie. Covers, ihr elftes Album (und zugleich das dritte mit Coverversionen), ändert daran nichts. Das Repertoire ist weitläufig (Nick Cave, Billie Holiday, The Replacements, Frank Ocean, The Pogues, Nico, Iggy Pop, Lana Del Rey…), entweder gehört es einer mehr oder weniger bestimmten Richtung Rock der 80er Jahre an oder es handelt sich um einfachere Folk-Arrangements. Hört man die Platte im Auto bei einem Road Trip, würde man mal (mit Pop-Rock-Titeln) durch monotone Landschaften gleiten, mal aber auch wegen umwerfend schöner Panoramablicke Halt machen, die die Reise wert sind und sie unvergesslich machen. Chan Marshall, das ist in erster Linie eine Stimme. Unverkennbar. Ein bisschen erkältet klingt sie, wie nach zu vielem Weinen. Bei einer gefühlvollen Klage, einer intimen Beschwörung zucken wir leicht zusammen und es wirkt wie eine Droge. Diese Stimme machte die Last des Lebens immer erträglich und erleichterte die ihrer Fans. Ohne die instrumentalen Zusatzstoffe (Schlagzeug, E-Gitarre) ist diese Stimme noch besser. In ihren schlichtesten Stücken (Nicos These Days, Billie Holidays I’ll Be Seeing You, Kitty Wells‘ It Wasn’t God Who Made Honty-Tonk Angels, A Pair Of Brown Eyes von The Pogues) singt sie so, dass man gespannt ist wie am ersten Tag. Sie hält sich total an den Stil der Originalsongs und verherrlicht sie zugleich mit ihrer Stimme. Covers ist nicht das Gesamtkunstwerk, das Chan Marshall vielleicht nie einspielen wird. Es ist eine gute Platte mit (sehr hohen) Höhen und Tiefen, was ja für Cat Power typisch ist, und man wartet schon gespannt auf das nächste a cappella. © Stéphane Deschamps/Qobuz