The Horrors
Bleiche Gesichter, auftoupierte Haare, schwarzgeschminkte Augen: The Horrors sehen aus, als entstammten sie den Phantasien eines Tim Burton. Mit ihrem Gothic-Chic und einer musikalischen Mischung zwischen Garage, Surf und Punk wirbeln sie die britische Musiklandschaft ordentlich auf und sorgen mit exzentrischen Auftritten für allerlei Gesprächsstoff. Da wird das Quintett schon mal während des eigenen Konzertes aus dem Venue geworfen, und zwar, weil Frontmann Badwan eine Elvis-Büste auf der Bühne zertrümmert – wenn das mal kein Rock'N'Roll ist?
Sänger Faris Badwan (alias Faris Rotter) und Gitarrist Joshua Hayward (alias Joshua Third) kennen sich bereits von gemeinsamen Nebenjobs, bevor sie im Sommer 2005 in einem Ort namens Southend-on-Sea, in der Nähe Londons, mit Tom Cowan alias Tomethy Furse (Bass), Rhys Webb alias Spider Webb (Orgel) und Joseph Spurgeon alias Coffin Joe (Schlagzeug) The Horrors gründen. Im Pub Junk Club lernt man sich näher kennen und entdeckt die gemeinsame Leidenschaft für Sechziger-Garagerock. Circa fünf Monate nach Bandgründung erhalten sie ihren ersten Plattenvertrag bei Loog-Records (The Bravery, Patrick Wolf, Duke Garwood).
Am 10. April des neuen Jahres erscheint die erste Auskopplung "Sheena Is A Parasite". Regisseur Chris Cunnigham outet sich als "leicht besessen" von der Single und produziert den passenden Clip. Damit ist "Sheena Is A Parasite" die erste Musikvideoproduktion Cunninghams nach sieben Jahren Abstinenz. Die Hauptrolle übernimmt die oscarnominierte Samantha Morton. MTV UK verbannt den Clip jedoch aus der Rotation aufgrund der Stroboskop-Blitze, die epileptische Anfälle auslösen können. Cunningham und Band weigern sich jedoch gegen eine Neubearbeitung und halten am Original-Clip fest.
Die Single verschafft den Goth-Mod Punks gehörig Publicity, woraufhin man sie, neben Mumm-Ra, The View und The Automatic, ins Line-Up der NME Awards Indie Rock Tour aufnimmt. Ende Juli kommt die zweite Single "Death At The Chapel" und drei Monate später "Count In Fives" auf den Markt – wie auch "Sheena Is A Parasite" erreichen diese jedoch keine Chartpositionierung, da sie, mit Beilageheftchen und Aufklebern versehen, gegen die britischen Chartregeln verstoßen. Ende 2006 veröffentlicht das Quintett speziell für die amerikanischen Fans die The Horrors EP – die Platte erscheint auf dem New Yorker Label Stolen Transmission (Monty Are I, The Oohlas, Bright Light Fever).
Anfang 2007 steht "Gloves" in den Läden und klettert ohne zusätzliche Fan-Goodies auf Hitlisten-Platz 34. Das Debütalbum "Strange House" kommt, produziert von Yeah Yeah Yeahs Nick Zinner, am 5. März auf den britischen Markt und erreicht Chartposition 37. "A wall of noise that could induce a heart attack" urteilt der Guardian, "11 venomous tales from the crypt" heißt es im Observer.
Stünde ihr Name nicht auf dem Cover des Folgealbums "Primary Colours" (2009), würde man wohl kaum an dieselbe Band glauben, die das Garage-Punk-Surf-Debüt zu verantworten hatte. Statt Zinner mit Cunningham und Portishead-Mann Geoff Barrow am Produktionspult, entsteht eine Platte, die unverhohlen Krautrock mit 80er Shoegazing verbindet. Bleich, auftoupiert und schwarzgeschminkt klingt es trotzdem.
Mit dem Nachfolger "Skying" (2011) vollzieht die Band einen überraschenden Stilwechsel. Man hört plötzlich opulenten und breitwandigen Synthie-Pop Marke OMD. Den eingeschlagenen Weg verfolgen sie mit "Luminous" (2014) konsequent weiter. Dennoch lassen sich auf beide Scheiben genug psychedelische und krautrockige Momente finden, wie man es von "Primary Colours" kennt. The Horrors entführen den Hörer mit ihrer Musik wieder einmal in die Dunkelheit.
Weitaus maschineller und elektronischer klingt das nächste Studioalbum "V", das im September 2017 in die Läden kommt. Da scheint es um so passender, dass sie ein paar Monate zuvor auf der "Global Spirit"-Tour von Depeche Mode als Vorband spielen.
Weiterhin zeigt sich das Quintett von einer verspielteren Seite. Ihre Fähigkeit, catchy Hooks mit sehr viel Atmosphäre zu verbinden, haben sie jedoch nicht verlernt. Nur entwickeln sie ihrem Sound wieder einmal logisch weiter. Für The Horrors gibt es schließlich keinen Stillstand.
© Laut
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