Liaisons: Re-Imagining Sondheim From The Piano

Anthony De Mare

Erschienen am 25.09.15 bei ECM New Series
Künstler: Anthony de Mare
Genre: Klassik
Auszeichnungen: 5 Sterne Fono Forum Klassik

Digitales Booklet

Verfügbar in

24-Bit/44.1 kHz Stereo

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Wirklich populär geworden ist Stephen Sondheim in Deutschland nicht. Nur hin und wieder finden sich seine Stücke, die die Bezeichnung „Musical Theater“ wie die kaum eines anderen amerikanischen Komponisten verdienen, auf deutschen Spielplänen. Selbst Johnny Depps Mitwirkung als mörderischer Barbier in der filmischen Adaption von „Sweeney Todd“ 2007 hat keine tieferen Spuren hinterlassen.
Und so ist im Jahr 2015 auch der 85. Geburtstag von Stephen Sondheim ohne großen Widerhall in Deutschland geblieben. Die CD des Pianisten Anthony de Mare wird daran nicht viel ändern. Musikfreunde aber, denen die Neugier nicht abhanden gekommen ist und die Lust haben, eigene Vorurteile auf die Probe zu stellen, können mit den drei CDs tief eintauchen in die musikalische Welt jenseits des Atlantiks.
Anthony de Mare hat 36 zeitgenössische Komponisten, fast alle gebürtig aus den USA, darum gebeten, ein Stück, meist einen Song oder eine Szene, aus Sondheims Bühnenwerken neu für Klavier zu komponieren – also nicht zu bearbeiten, sondern sich ganz zu eigen zu machen. Entstanden ist so nicht nur eine großartige Hommage an Sondheim, sondern auch eine Momentaufnahme des gegenwärtigen kompositorischen Amerikas, die einmalig sein dürfte. Die Spanne reicht von starken Jazzeinflüssen bis hin zu atonaler Neuer Musik. Fast alle Neu-Kompositionen aber verbindet ein Charakterzug, der hier – mit aller Scheu, die solche Verallgemeinerungen verdienen – als typisch amerikanisch bezeichnet sei: Es ist die innere Freiheit, das Vergangene als den Ort zu akzeptieren, an dem das Neue entsteht. Ein Neues, das sich seiner Herkunft nicht schämt. Diese Musiker wissen, in welcher Tradition sie stehen. Und sie alle denken in Klängen, nicht in Zwängen.
Steve Reich etwa lässt sich in seinem Beitrag von einem Begleit-Pattern Sondheims treiben und holt es in den Vordergrund. Im minimalistischen Kontext ist auch der Mittdreißiger Nico Muhly verortet, der jedoch den repetitiven Farbtupfern
tiefe substanzreiche Farbtöne beimischt. Wieder einen anderen Ansatzpunkt wählt Mason Bates, Komponist und DJ. Er lässt sich vom Konversationston der Figuren inspirieren. Davon ausgehend landet Rodney Sharman bei einem Duo von Piano und sehr dezent eingesetztem elektronischem Tasteninstrument.
Auch Sweeney Todd, der aus Rache mordende Barbier, inspiriert die Komponisten. Kenji Bunch rückt das „Dies Irae“ in den Vordergrund und entwirft in wenigen Minuten ein dramatisches Gefüge. John Musto baut ein wildes Solo des bösen Titelhelden auf den Tasten in ein polyphones Stück mit zwei Fugen um. Der Engländer Mark-Anthony Turnage verwandelt eine der bedrohlichen Szenen, in denen Sweeney mit dem Rasiermesser hinter einem Kunden steht, in eine introvertierte Betrachtung. Eine der originellsten Anverwandlungen stammt vom Perkussionisten Andy Akiho: Seine Sicht auf das Märchenstück „Into The Woods“ spielt lustvoll mit den Möglichkeiten des präparierten Klaviers. Ganz unscheinbar klingt dagegen das Stück, das der „James-Bond“-Komponist Thomas Newman beigetragen hat.
Den Schluss bildet eine Komposition von Anthony de Mare, die wie eine Nachbetrachtung wirkt. Wie viele andere bezieht er sich dabei auf das Werk Sondheims, das manche für sein wichtigstes halten: „Sunday in the Park“ beschäftigt sich einerseits mit dem Maler Georges Seurat und übersetzt dessen Pointillismus in Klang. Es ist andererseits aber auch eine Art musikalischer Poetik.
Die „Liaisons“ mit Stephen Sondheim, die der Pianist Anthony de Mare gestiftet hat, offenbaren viele Formen der musikalischen Neigungen und Zuneigungen. Wie er sie alle zu ihrem Recht kommen lässt, ist in der Summe verblüffend und in jedem Einzelfall bewegend. Der Virtuose Anthony de Mare hat einen klangsinnlichen, urmusikalischen und empfindsamen Zugang zu allen Stücken und erweist sich damit als idealer Brückenbauer zwischen den USA und der Alten Welt.

© Schmitz, Johannes / www.fonoforum.de

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Liaisons: Re-Imagining Sondheim From The Piano

Anthony de Mare

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