Les deux versants se regardent

Eve Risser & White Desert Orchestra

Erschienen am 18.11.16 bei Clean Feed
Künstler: Eve Risser White Desert Orchestra
Genre: Jazz

Verfügbar in

16-Bit/44.1 kHz Stereo

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Urtöne aus dem ewigen Eis. Szenen wie bei der Erschaffung der Welt. Sie eröffnen das neunteilige Orchesterwerk der Pianistin und Komponistin aus Colmar. Fast 20 Minuten dauert dieser Auftakt, der in eine noch menschenleere oder entvölkerte Welt entführt. Erst allmählich beginnt das Ohr die Klangerzeuger zu identifizieren, vieles bleibt auch dann noch lange geheimnisvoll, wie die mysteriöse Welt tief unter der Oberfläche des Ozeans. Nach zirka sechseinhalb Minuten breiten sich die Schwingungen einer schönen Melodie aus, die ganz organisch diesem seltsamen Niemandsland entsteigt, sich weiterschlängelt und mutiert, polyfon auffasert und schließlich den ganzen riesigen Raum erfüllt. Sophie Bernados Fagott hat alle Zeit der Welt, schlägt von zarter Erregung getrieben ins heiser Mehrstimmige um, fängt sich wieder und steigt hoch wie eine Rauchfahne. Wie ein Chor begleitet vom Orchester, das nach kurzem Klimax wieder verstummt wie ein festgefahrener Eisbrecher. „Ist noch Leben an Bord dieses Geisterschiffes?“ scheint Eivind Lønnings Trompete zu fragen. Eine E-Gitarre beginnt zu vibrieren wie hundert Mobiltelefone.
Wie einst vom Liberation Music Orchestra strömt ein Sound in den großformatigen Jazz, der völlig anders ist als bei den anderen aktuellen Big Bands, und für den musique concrète und elektro-akustische Musik französischer Prägung wichtige Vorbilder sind. Der oft öden Abfolge von Soli setzt Eve Risser ein völlig neues Konzept entgegen. Ein höchst anregendes Spiel mit bizarren Formen und rauen Kontrasten entfaltet sich. Während belangloseste Mainstream-Produkte mit Preisen von der Industrie überhäuft werden, hätte der Kreativpool in Tentett-Format um die 34-jährige Eve Risser eine massive Unterstützung wirklich verdient. Bei zahlreichen Alternativfestivals, unter anderen in Paris, Moers und Straßburg, wurden sie schon begeistert gefeiert, zuletzt sogar beim Berliner Jazzfest.

© Lippegaus, Karl / www.fonoforum.de

Weitere Informationen

Les deux versants se regardent

Sylvaine Hélary

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