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"Sending the first scouts over,
back from the place beyond the dawn:
Horse, bear your broken soldier,
eyes frozen wide at what went on.
And time, in our camp, is moving
as you'd anticipate it to.
But what is this sample proving?
Anecdotes cannot say what time may do"
("Anecdotes")
Es sind Anekdoten über Vergänglichkeit, Zeit, Tod und Liebe, die uns als roter Faden in jenes Labyrinth locken, das die Ausnahmeerscheinung Joanna Newsom mit ihrem neuen Werk "Divers" geschaffen hat. Fünfeinhalb Jahre nach ihrem Doppelalbum "Have One On Me" kehrt die Harfenspielerin, Komponistin und Sängerin mit einem konzisen, elf Stücke umfassenden Album zurück, ihrem bis dato wohl zu- und eingänglichsten. Zwischen Kunstlied, Folk, Pop und Orchestralem/Klassischen schafft Newsom surreale und wunderschöne Klangwelten, für die sie mit dem Prager Philharmonischen Orchester und den Arrangeuren Nico Muhly und David Longstreth zusammengearbeitet hat.
Harfe und Klavier sind auch von Anfang an auf "Divers" die instrumentellen Fundamente, auch ein Marxophon (eine spezielle, bundlose Zither) und ein Minimoog kommen zum Einsatz, spartanisch an einigen Stellen eingesetzt auch ein Schlagzeug. Phasen von orchestraler Opulenz wechseln sich mit Reduktion ab, die Songlängen variieren von zweieinhalb Minuten ("The Things I Say") bis über sieben Minuten ("Divers"), die Stücke brauchen ihrerseits keine Abzweigungen und Weggabelungen um den Punkt zu kommen. "Divers" ist einladend, verführend, zieht einen schnell in seinen Bann.
War auf "The Milk-Eyed Mender" noch Newsoms oft doch recht extravagant hohes Stimmtimbre noch ein Hindernis für den einen oder anderen Hörer und die eine oder andere Hörerin, die die Songs und die Musik an sich ansonsten durchaus bemerkenswert fanden/gefunden hätten ("Die singt wie eine Siebenjährige", "Die quietscht mehr als sie singt" und ähnliches war zu hören) bietet Newsoms immer noch bemerkenswerte, aber etwas, nun, dezentere Stimmperformance auch in dieser Hinsicht vielleicht einen neuen Zugang zum Werk der Künstlerin für jene, die bis dato noch nicht zu überzeugen waren.
Tod und Liebe sind auf "Divers" eng umschlungen: "Jeder wird älter", erzählte Newsom in einem Interview mit dem Uncut Magazine, "Als ich diese Linie in meinem Kopf überquert habe und ich wusste, dass ich mit der Person zusammen bin, die ich heiraten will, war das ein sehr schweres Ding, weil du in dem Moment den Tod in dein Leben einlädst. Auch wenn es hoffentlich noch viele, viele, viele, viele Jahre dauert, aber die Idee des Todes hört auf, etwas Abstraktes zu sein, weil da jemand ist, bei dem du es nicht vertragen könntest, ihn zu verlieren. Wenn sich das setzt, wenn sich das als wahr etabliert, dann ist es wie ein kleiner Schatten an Trauer, der reinkommt, wenn die Liebe in ihrer wahrhaftigsten Form da ist. Dann trägt sie den Tod in sich, und dann trägt der Tod die Liebe in sich."
"Love is not a symptom of time / Time is just a symptom of love", bringt sie dieses Thema im letzten Song, "Time, As A Symptom" auf den Punkt.
Einmal mehr bringt Joanna Newsom als Texterin substanzielle Epik im Songrahmen unter und erzählt in wenigen Minuten Geschichten, die sich wie spätromantische englische Poesie lesen. Chiffriert und mystisch, nach allen Ecken und Enden offen und doch stets bemerkenswert präzise ist Newsoms Lyrik.
"Make it stop, my love!
We were wrong to try.
Never saw what we could unravel,
in traveling light,
nor how the trip debrides–
like a stack of slides!
All we saw was that Time is taller than Space is wide
That's why we are bound to a round desert island,
'neath the sky where our sailors have gone.
Have they drowned, in those windy highlands?
Highlands away, my John."
("Waltz Of The 101st Lightborne")
"Divers" lockt uns in Irrgärten und verbotene, verlorene, vergessene, phantastische Orte. Es verstrickt uns in Mythologien und in Seemannsgarn, es betört uns mit Metaphorik und Rätseln. Mit Rätseln, die wir aber gar aufgelöst haben wollen, in denen wir uns viel lieber noch ein paar Minuten, Stunden und Tage staunend aufhalten wollen. Am Ende bleibt das Wunder, der Schmerz, das Ende, die Liebe:
"And in an infinite regress:
Tell me, why is the pain of birth
lighter borne than the pain of death?
I ain't saying that I loved you first,
but I loved you best"
("Divers")
"Divers" ist ein Werk von ungeheurer Substanz, das es in möglichst vielen Hördurchgängen zu erkunden gilt, lyrisch wie musikalisch. Ob man den vielen Spuren und Fährten und der Metaphorik nun analysierend auf den Grund gehen, es entschlüsseln mag oder sich einfach nur in dieser surrealen, kammermusikalischen Liedlandschaft alles mit großen Augen anschauen und anhören mag, ist zweitrangig.
Wie man es auch dreht und wendet: Es ist ein Meisterwerk, das Joanna Newsom hier geschaffen hat.
© Laut
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Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
2015 Drag City Inc. 2015 Drag City Inc.
Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
2015 Drag City Inc. 2015 Drag City Inc.
Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
2015 Drag City Inc. 2015 Drag City Inc.
Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
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Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
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Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
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Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
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Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
2015 Drag City Inc. 2015 Drag City Inc.
Joanna Newsom, Composer, MainArtist - Drag City Inc., MusicPublisher
2015 Drag City Inc. 2015 Drag City Inc.
Albumbeschreibung
"Sending the first scouts over,
back from the place beyond the dawn:
Horse, bear your broken soldier,
eyes frozen wide at what went on.
And time, in our camp, is moving
as you'd anticipate it to.
But what is this sample proving?
Anecdotes cannot say what time may do"
("Anecdotes")
Es sind Anekdoten über Vergänglichkeit, Zeit, Tod und Liebe, die uns als roter Faden in jenes Labyrinth locken, das die Ausnahmeerscheinung Joanna Newsom mit ihrem neuen Werk "Divers" geschaffen hat. Fünfeinhalb Jahre nach ihrem Doppelalbum "Have One On Me" kehrt die Harfenspielerin, Komponistin und Sängerin mit einem konzisen, elf Stücke umfassenden Album zurück, ihrem bis dato wohl zu- und eingänglichsten. Zwischen Kunstlied, Folk, Pop und Orchestralem/Klassischen schafft Newsom surreale und wunderschöne Klangwelten, für die sie mit dem Prager Philharmonischen Orchester und den Arrangeuren Nico Muhly und David Longstreth zusammengearbeitet hat.
Harfe und Klavier sind auch von Anfang an auf "Divers" die instrumentellen Fundamente, auch ein Marxophon (eine spezielle, bundlose Zither) und ein Minimoog kommen zum Einsatz, spartanisch an einigen Stellen eingesetzt auch ein Schlagzeug. Phasen von orchestraler Opulenz wechseln sich mit Reduktion ab, die Songlängen variieren von zweieinhalb Minuten ("The Things I Say") bis über sieben Minuten ("Divers"), die Stücke brauchen ihrerseits keine Abzweigungen und Weggabelungen um den Punkt zu kommen. "Divers" ist einladend, verführend, zieht einen schnell in seinen Bann.
War auf "The Milk-Eyed Mender" noch Newsoms oft doch recht extravagant hohes Stimmtimbre noch ein Hindernis für den einen oder anderen Hörer und die eine oder andere Hörerin, die die Songs und die Musik an sich ansonsten durchaus bemerkenswert fanden/gefunden hätten ("Die singt wie eine Siebenjährige", "Die quietscht mehr als sie singt" und ähnliches war zu hören) bietet Newsoms immer noch bemerkenswerte, aber etwas, nun, dezentere Stimmperformance auch in dieser Hinsicht vielleicht einen neuen Zugang zum Werk der Künstlerin für jene, die bis dato noch nicht zu überzeugen waren.
Tod und Liebe sind auf "Divers" eng umschlungen: "Jeder wird älter", erzählte Newsom in einem Interview mit dem Uncut Magazine, "Als ich diese Linie in meinem Kopf überquert habe und ich wusste, dass ich mit der Person zusammen bin, die ich heiraten will, war das ein sehr schweres Ding, weil du in dem Moment den Tod in dein Leben einlädst. Auch wenn es hoffentlich noch viele, viele, viele, viele Jahre dauert, aber die Idee des Todes hört auf, etwas Abstraktes zu sein, weil da jemand ist, bei dem du es nicht vertragen könntest, ihn zu verlieren. Wenn sich das setzt, wenn sich das als wahr etabliert, dann ist es wie ein kleiner Schatten an Trauer, der reinkommt, wenn die Liebe in ihrer wahrhaftigsten Form da ist. Dann trägt sie den Tod in sich, und dann trägt der Tod die Liebe in sich."
"Love is not a symptom of time / Time is just a symptom of love", bringt sie dieses Thema im letzten Song, "Time, As A Symptom" auf den Punkt.
Einmal mehr bringt Joanna Newsom als Texterin substanzielle Epik im Songrahmen unter und erzählt in wenigen Minuten Geschichten, die sich wie spätromantische englische Poesie lesen. Chiffriert und mystisch, nach allen Ecken und Enden offen und doch stets bemerkenswert präzise ist Newsoms Lyrik.
"Make it stop, my love!
We were wrong to try.
Never saw what we could unravel,
in traveling light,
nor how the trip debrides–
like a stack of slides!
All we saw was that Time is taller than Space is wide
That's why we are bound to a round desert island,
'neath the sky where our sailors have gone.
Have they drowned, in those windy highlands?
Highlands away, my John."
("Waltz Of The 101st Lightborne")
"Divers" lockt uns in Irrgärten und verbotene, verlorene, vergessene, phantastische Orte. Es verstrickt uns in Mythologien und in Seemannsgarn, es betört uns mit Metaphorik und Rätseln. Mit Rätseln, die wir aber gar aufgelöst haben wollen, in denen wir uns viel lieber noch ein paar Minuten, Stunden und Tage staunend aufhalten wollen. Am Ende bleibt das Wunder, der Schmerz, das Ende, die Liebe:
"And in an infinite regress:
Tell me, why is the pain of birth
lighter borne than the pain of death?
I ain't saying that I loved you first,
but I loved you best"
("Divers")
"Divers" ist ein Werk von ungeheurer Substanz, das es in möglichst vielen Hördurchgängen zu erkunden gilt, lyrisch wie musikalisch. Ob man den vielen Spuren und Fährten und der Metaphorik nun analysierend auf den Grund gehen, es entschlüsseln mag oder sich einfach nur in dieser surrealen, kammermusikalischen Liedlandschaft alles mit großen Augen anschauen und anhören mag, ist zweitrangig.
Wie man es auch dreht und wendet: Es ist ein Meisterwerk, das Joanna Newsom hier geschaffen hat.
© Laut
Informationen zu dem Album
- 1 Disc(s) - 11 Track(s)
- Gesamte Laufzeit: 00:51:49
- Künstler: Joanna Newsom
- Komponist: Joanna Newsom
- Label: Drag City Records
- Genre: Blues/Country/Folk Folk
2015 Drag City Inc. 2015 Drag City Inc.
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