Charm Offensive

Albumbeschreibung

Er zählt zu den Musikern unter den Drummern – und zu den wenigen Deutschen, die in der New Yorker Szene Fuß gefasst haben. Als Sideman (z.B. von Nils Wogram, Marc Copland, Kurt Rosenwinkel) höchst gefragt, meldet sich Jochen Rueckert von Zeit zu Zeit auch als Komponist und Bandleader zu Wort. Die wechselnden Besetzungen seines Quartetts rekrutieren sich aus einem kleinen Pool angesagter Kollegen, allen voran Tenorist Mark Turner, der als einziger von Anfang an mit im Boot war. Die aktuelle Band wird durch den texanischen Gitarristen Mike Moreno und den britischen Bassisten Orlando le Fleming komplettiert. Sie alle verbindet das Ideal eines zeitgemäßen Acoustic Jazz, der auch bei komplexen Rhythmen und Harmonien nicht aufhört zu swingen. Zusammen mit Moreno hat Rueckert südindische Formen, Rhythmen, Skalen studiert und nach Wegen gesucht, diese für westliches Instrumentarium und westliche Tonalität zu adaptieren. Den entsprechenden Kompositionen, die dabei herauskamen – darunter das Titelstück –, merkt man diesen Hintergrund nicht konkret an, ihre ungewöhnliche Themenführung jedoch fasziniert auf Anhieb. Geradezu eingängig und vertraut dagegen wirkt zunächst eine Bossa-ähnliche Nummer, die dann aber mehrfach aufgebrochen wird („5-Hydroxytryptamine“). Rueckerts Themen machen gern von kleinen, wiederholten Motiven Gebrauch, bei denen sich ein Unisono von Tenor und Gitarre schon mal sachte verschieben und auseinander driften kann. Während le Flemings Kontrabass sonor und gelassen seine Bahn zieht, legen Turner und Moreno in ihren Solo-Parts weiche, vibratoarme, „singende“ Linien und Melodiebögen aus; allein Morenos klarer, prägnanter Gitarrensound ist ein Genuss. Bandleader Rueckert spielt sich als Drummer nie in den Vordergrund. Er bereitet seinen Musikern eine Plattform und behält doch alle Fäden in der Hand.
© Klostermann, Berthold / www.fonoforum.de