Play Fazil Say

Albumbeschreibung

„Ich möchte immer anatolische Stimmungen, Melodien und Rhythmen integrieren“, erklärte Fazil Say mir 2001: „Klänge aus meiner Heimat. Ob die Werke tonal oder atonal sind, ist letztlich egal. Hauptsache ist, dass diese Stimmung vorhanden ist.“ In allen hier eingespielten Werken ist das bestens nachzuvollziehen. Beim „Wintermorgen“ wird zu Beginn der Klang einer Oud simuliert, bevor eine orientalisch angehauchte Melodie einsetzt. In einer Zeit, in der die Avantgarde schon Geschichte ist, lässt sich solch wunderbare romantische Musik konfliktfrei genießen, gelegentlich allerdings bewusst gestört durch Strawinsky-hafte Fortissimo-Passagen.
Als habe sich die Minimal mit der Pop Music verlobt – so klingt der zauberhafte erste Satz (Evening) des Konzerts für zwei Klaviere und Orchester, das auch den Namen „Gezi Park 1“ trägt. Während es am Abend im Park noch friedlich zugeht, wirkt die Nacht (so der Titel des zweiten Satzes) unheimlich und bedrohlich, bevor im dritten Satz „Police Raid“ die Stimmung durch heftige Bläser- und Schlagzeug-Attacken explodiert. Eine politisch motivierte, sehr deskriptive und gleichzeitig emotional ergreifende Musik. Nicht weniger dramatisch wirkt der erste Satz in der Sonate für zwei Klaviere, die im zweiten Satz zu einem lichten Ruhepunkt geführt wird, bevor die Sonate in einem zeitweise beschwingt-jazzigen Finale mündet.
Ferhan und Ferzan Önder, Fazil Say seit Jahrzehnten verbunden, sind dank ihrer Virtuosität, der rhythmischen Flexibilität ihres Spiels, ihrer klanglichen Sensibilität und ihres perfekten Zusammenspiels – auch mit dem RSB – die idealen Interpreten für diese ihnen gewidmeten Werke. Auch die Tontechnik spielt bestens mit.

© Willmes, Gregor / www.fonoforum.de